[Rezension] „Wie ein Flügelschlag“ von Jutta Wilke

„Ich war fünf, als ich fliegen lernte. Ich
schlüpfte aus den Armen meiner Mutter, die im hüfthohen Wasser stand, wand mich
unter dem Seil hindurch und flatterte davon wie ein kleiner Vogel. Kein Boden
mehr unter den Füßen und keine Hände mehr, die mich umklammerten. Über mir der
Himmel und unter mir nichts als Wasser.“


Dank eines Stipendiums lebt die sechzehnjährige Jana in einem Sportinternat für
Leistungsschwimmer. Da sich ihre Familie es sich nie hätte leisten können, sie
auf diese Schule zu schicken, ging für sie dadurch ein lang gehegter Traum in
Erfüllung. Mit ihren Leistungen hält sie ihre Mitschüler locker auf Abstand.
Nur eine ist eine wirklich ernst zu nehmende Konkurrentin für sie: Melanie, die
gleichzeitig ihre einzige und beste Freundin ist, denn wer Leistungen erbringt,
hat auch immer wieder Neider und nicht unbedingt viele Freunde.
Doch eines Tages wandelt sich ihr Traum in einen
kompletten Albtraum. Sie findet Melanie tot am Schwimmbeckenrand auf. Tief
traurig und geschockt beschleicht sie ein Verdacht und sie macht sich auf die
Suche nach der Ursache des Todes. Doch egal, an wen sie sich wendet, stößt sie
nur auf eine dicke Mauer des Schweigens.


„Wie ein Flügelschlag“
von Jutta Wilke beginnt mit dem Tod von Melanie und gibt
danach eine Rückblende auf die Ereignisse in der Vergangenheit, in der man die
Protagonisten besser kennen lernt. Melanie und Jana könnten nicht
gegensätzlicher sein, und allein die unterschiedlichen familiären Situationen aus
denen sie stammen, macht diese Freundschaft sehr interessant. Jana sagt selber
über sich: „Ich kann nur essen schlafen und schwimmen.“ Melanie jedoch träumt
von ganz anderen Dingen und leidet unter dem Druck ihrer Eltern, denn für sie
ist Schwimmen harte Arbeit. Diese Gegensätze machen ihre Freundschaft sehr
schwierig. Janas Hartnäckigkeit, an dieser teilweise sehr kraftraubenden
Freundschaft zu halten, wirkt insgesamt verstimmend.


Jutta Wilke hat eine Geschichte geschrieben, in der der Leser viel über die
Abgründe der menschlichen Psyche erfährt: Elterlicher Ehrgeiz, durch ihre
Kinder ihren Lebenstraum verwirklichen wollen; oder Eltern, die überhaupt nicht
interessiert sind an den Träumen ihrer Kinder, wie in Janas Fall. Auch das
Internatsleben und seine Strukturen lernt man durch Lenas Alltag kennen. Man
bekommt eine Ahnung, wie es bedeutet, in einem nach Leistung lechzendem System
zu leben. Wie man sich fühlt, wenn man gemieden und gemobbt wird, aber man
erfährt auch, wie Ehrgeiz einen Menschen zerstören kann.


Jutta Wilke hat einen Jugendthriller geschrieben, der mir persönlich zu düster
und grau in grau erschien. Diese melancholische Grundstimmung driftete des
Öfteren in Rührseligkeit ab. Viele Handlungsstränge wirkten auf mich künstlich
in die Länge gezogen und waren für die Geschichte uninteressant. Mir erschien
die ganze Thematik zu bedrückend und hoffnungslos. Auch die Charaktere waren
mir zu keiner Zeit sympathisch.
Es ist aus meiner Sicht leider eine unkomplizierte
Geschichte mit einem jugendlichen Schreibstil, die einige
Längen aufweist.

Wie ein Flügelschlag von Jutta Wilke 
Gebundene Ausgabe: 282 Seiten 
Verlag: Coppenrath
Erscheinungsdatum: Januar 2012

ISBN: 978-3649605669

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