"Meine Schwester lebt auf dem Kaminsims" von Annabel Pitcher, Roman
Copyright: Goldmann

Als ich die letzten Zeilen von „Meine Schwester lebt auf dem Kaminsims“ von Annabel Pitcher las, saß ich Tränenüberströmt und glücklich
in meiner Leseecke. Glücklich darüber, ein so wunderschönes Buch gelesen zu
haben. Bereits von der ersten Seite, von den ersten Zeilen, wurde ich von
einem zehnjährigen Jungen verzaubert, weil er mich ein Stück weit an seinem
Leben teilhaben ließ. James` noch so junges Leben hat schon viele Narben bei
ihm hinterlassen, denn seine Familie hat einen schweren Schicksalsschlag hinter
sich. Als er fünf Jahre alt war, starb seine Schwester Rose und lebt seitdem in
einer Urne auf dem Kaminsims. Jetzt fragt man sich zu recht: Sie ist tot und
lebt auf dem Kaminsims? Die Familie, insbesondere die Eltern, können Rose
einfach nicht loslassen und erhalten sie durch viele Rituale am Leben. Alles was Rose gehörte, ist heilig und darf nicht weggeschmissen oder
verändert werden. Auch ihr Zimmer ist unantastbar und ist seit ihrem Tod verlassen,
dabei würde James gerne darin wohnen. Er kann viele Rituale nicht verstehen, da Rose starb, als er fünf war und er hat kaum Erinnerungen an sie. James fragt
sich oft, warum ein totes Mädchen das erste Stück Kuchen von seiner
Geburtstagstorte bekommt. Sie kann es doch nicht essen!                   
Seit dem Tod von Rose hat sich das ganze Familienleben
verändert. James Vater ertränkt seine Trauer mit Alkohol und vergisst, dass er
noch weitere Kinder hat, die wirklich leben. Seine Mutter hat es irgendwann
nicht mehr ertragen, in einem Haus zu leben, das voll Erinnerungen an Rose ist und
bei einem ständig betrunkenen Mann. Sie beschließt, sich von ihm zu
trennen und weit weg zu ziehen.


Bereits der Titel dieses Buches deutet an, dass es eine
Geschichte mit einem ernsteren Kern ist. Aber es gibt auch viele schöne und
glückliche Momente, von denen uns James berichtet. James trauert nicht wie der
Rest der Familie, was für mich als Leser nachvollziehbar war, jedoch für seine
Eltern nicht. Er ist glücklich und zufrieden, weil er lebt und eine Schwester
hat, die ihn liebt und für ihn da ist. James träumt wie fast alle zehnjährigen
Jungs von einem Leben als Fußballstar oder Superheld. Hauptsache er wird
endlich wahrgenommen.

James ist für mich ein außergewöhnlicher Charakter, der
mich mitten ins Herz getroffen hat. Er erzählt auf so liebenswerte Art die
Geschichte seiner trauernden Familie. Es ist die Sichtweise eines Zehnjährigen,
der keinerlei Erinnerungen an die zu Betrauernde hat. Er berichtet davon, wie
die Trauer die Menschen um ihn herum verändert und sogar bricht. Seine kindlich
naive Sichtweise sorgt dafür, dass der Roman nicht zu trübsinnig wird und der
Leser oft lachen muss. Er versteht viele Situationen einfach nicht und hinterfragt
sie unüberlegt. Seine Umwelt reagiert entsprechend schockiert. Er hat sehr
viele Gefühle in mir ausgelöst. Vor allem Wut auf seine Eltern, die ich
manchmal am liebsten angeschrien hätte, damit sie aus ihrer Lethargie erwachen.
Doch James hat meine Wut durch seine witzige und kindlich naive Art wieder
gedämpft und mich mit lustigen Streichen oder liebenswerten Dialogen mit seiner
Schwester besänftigt und glücklich gemacht.

„Meine Schwester lebt auf dem Kaminsims“ von Annabel
Pitcher ist ein Buch, bei dem ich das Gefühl habe, ihm mit Worten nicht gerecht
zu werden. Es ist eine sehr aufwühlende und so liebenswerte Geschichte, die der
Leser noch lange nach dem Lesen nicht vergisst. Am besten gefallen hat mir,
dass sie aus dem Leben gegriffen ist und damit nachvollziehbar. Wer diese
Geschichte liest, wird sich verlieben, in die Handlung
und in ihre wundervollen Charaktere. Für mich war es ein Leseerlebnis und ich
muss sie jedem empfehlen. Lest diese Geschichte!

WERBUNG
Folgende Links kennzeichne ich gemäß § 2 Nr. 5 TMG als Werbung


Gebundene Ausgabe: 224 Seiten 
Erscheinungsdatum: 21. Mai 2012 
ISBN: 978-3442312535

11 Replies to “[Rezension] „Meine Schwester lebt auf dem Kaminsims“ von Annabel Pitcher

  1. Das ist wirklich eine klasse Rezension! Auch wenn ich im Moment ein bisschen gehemmt bin, was so ernste Themen angeht und ich lieber locker und leichte Geschichten lese, die wenig Tiefgang haben, hat mich deine Rezension total überzeugt. Ich werde dieses Buch auf jeden Fall lesen. Die Sache ist halt die, dass mich solche Geschichten immer sehr aufwühlen und manchmal kann ich das einfach nicht gebrauchen, weil ich mich auf andere Dinge konzentrieren muss =)

    LG
    Anja

  2. Hab mir das Buch ende des Jahres geholt und bin nach deiner Rezension nun vollends davon überzeugt. Ich heule ja auch gerne mal Rotz und Wasser bei nem guten Buch 😉

    Liebe Grüße
    Scatty

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert