Da ist er nun, liebe Lesegeister – der September! Und mit ihm kommt die Erkenntnis, dass die Tage nun allmählich wieder kürzer werden, die warmen Tage nichts gegen kühle Nächte ausrichten können und die ersten bunten Blätter an den Bäumen auftauchen. Aber keine Sorge, bevor der Herbst so richtig über uns hereinbricht und Kälte, Nässe und Nebel mit sich bringt, zeigt er sich von seiner schönsten, spätsommerlichen Seite. Und damit meine ich natürlich von seiner prä-halloweenigsten Seite! 
Ich liebe diese Jahreszeit, in der man noch draußen sitzen kann, aber abends einen Pulli überziehen muss. In der die ersten Kürbisse im Supermarkt auftauchen und der Kaffee mit etwas Pumpkinspice gewürzt werden kann. 
Sobald Kerzenschein, Wolldecken und Tee schließlich im Gegensatz zu Hitze und Freibad verlockend klingen, dann wird es Zeit, die gruseligen Bücher gegen Road-Trip-Abenteuer und Sommerliebesschmöker einzutauschen und auf Geisterjagd zu gehen! Was ich in den nächsten zwei Monaten so an Gruselstoff entdecken werde, möchte ich gerne mit euch teilen. So viel kann schon einmal gesagt werden: Es bleibt spannend!

Aurora – genannt Rory – verlässt ihr Heimatdorf in den Südstaaten, um als Austauschschülerin im elitären Londoner Internat Wexford einzukehren. Bald schon hält eine grauenerregende Mordserie die Stadt in Atem: In ganz London ereignen sich tödliche Überfälle auf Frauen, die auf Jack the Ripper-Manier umgebracht werden. Als einer der Morde auf dem Gelände des Internats geschieht und Rory zufällig einem Verdächtigen begegnet, gerät sie in große Gefahr – denn nur sie kann den Mörder identifizieren. Oder ist es gar kein Mensch aus Fleisch und Blut?

Na, was sagt man dazu? Internat, Schulalltag, London, Herbst/Winter und eine gehörige Portion Grusel – ein Jugendbuch wie für mich gemacht. Spricht’s und … wird nicht enttäuscht. Tatsächlich schafft es Maureen Johnson sogar meine Erwartungen zu übertreffen. Wisst ihr noch, was ich im Frühjahr für einen Lobgesang auf Kirsty McKays „Play2Live“ angestimmt habe? In diese Kerbe haut auch die Autorin der „Schatten von London“-Romane – nur dass bei Johnson die Realität der Fantastik weichen muss. Und das tut sie auf ganz wunderbare Weise.

 "Die Schatten von London" von Maureen Johnson , Jugendbuch
Copyright: cbt

Rory ist eine Person, der man bei ihren Ermittlungen ebenso gerne über die schulter schaut, wie bei der Bewältigung ihres Schulalltages. Sie ist witzig, charmant, bodenständig – und dabei außergewöhnlich genug, so dass der Leser nicht gelangweilt ist. Im Gegensatz zu vielen anderen Protagonisten ihres Alters scheut sie sich nicht, Dinge zu hinterfragen, aus Angst zu heulen, nachvollziehbare Schlüsse zu ziehen und – reflektiert – dumme Entscheidungen zu fällen. Viele dumme Phrasen und vermeidbare Logikfehler, die in anderen Jugendbücher zu gerunzelten Leserstirnen führen, sucht man hier vergeblich. Rory ist eine Niete im Sport, erstickt eines Tages vor lauter Gier fast an einem Würstchen, neigt in Stresssituationen zum Monologisieren, hat eine knallverrückte Familie und erzählt von den Marotten ihrer amerikanischen Mitmenschen mit viel Ironie. Und auch die Personen, die sie während ihrer Zeit in Wexford begleiten, lernt der Leser schnell lieben und hassen.

Obwohl das allein eigentlich schon ausreicht, um mich zum konsequenten Umblättern zu bewegen, kommt es sogar noch besser: Die Handlung des Jugendromans begibt sich auf die Tätersuche durch London. Wer auf Urban Exploring, urige Pubs, Geisterjagdflair und neblige Gassen rund um die Themse steht, der kommt bei „Die Schatten von London“ voll und ganz auf seine Kosten. Bereits vor dem Ende der letzte Seite hatte ich den zweiten Band bestellt – und genau der ist jetzt der Grund, warum ich euch nicht länger vorschwärmen werde. Zurück ans Werk – London, ich komme! 

Maureen Johnson: Die Schatten von London
Die Schatten von London-Reihe (Band 1)
Ab 14 Jahren
Aus dem Englischen von Anja Galić
Originaltitel: The Shades of London #1
Verlag: cbt / Randomhouse
Taschenbuch, Klappenbroschur, 512 Seiten
ISBN: 978-3-570-30943-8
Erschienen: 08.12.2014

4 Replies to “[Rezension] „Die Schatten von London“ von Maureen Johnson

  1. Ich finde ja, dass der Herbst ausschließlich durch solch wunderbare London-Nebel-Gaslaternen-Atmo erträglich ist… zumindest die kalte, nasse Seite des Herbstes, die hoffentlich noch etwas auf sich warten lässt. 🙂

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