„Skull Party # 1“ von Melanie Schober, Manga
Copyright: Carlsen

Dystopisches Endzeitszenario im Comic-Format: In der Welt von morgen sind die Polkappen der Erde geschmolzen und die Menschheit lebt in überfluteten Städten, wo sie durch eine Droge von der Regierung funktionstüchtig gehalten wird. Doch der 19-jährige Emil Schwarz rebelliert gegen das System: Er schwänzt die Schule und wehrt sich gegen gewaltsame Cerebro-Verabreicherungen so gut es geht. Als er nächtens von mysteriösen Träumen heimgesucht wird, in denen er Andeutungen zu gewissen Kristallschädeln erhält, ist er zunächst verwirrt. Doch nach und nach verdichten sich die Hinweise, dass es sich bei den Schädeln um reale, mächtige Artefakte handelt, die sowohl für die Rebellen als auch die Regierung von immensem Wert sein könnten – und beide Seiten setzen alles daran, Mitwisser aus dem Weg zu räumen…

Da ich keine Manga-Expertin bin, kann ich leider nicht viele Vergleiche zu anderen Werken ziehen. Japanische Mangas habe ich noch keine gelesen, weswegen ich nicht beurteilen kann, ob Schober den originären Stil würdig vertritt. Aber soviel habe ich herausfinden können:

Melanie Schober ist keine Unbekannte in der Manga-Welt. Die österreichische Manga-ka ist Autorin der bekannten „Personal Paradise“-Reihe, die ebenfalls im dystopischen Genre angesiedelt ist und sehr viel Zuspruch unter Liebhabern der Szene gefunden hat. Ihr Stil ist sehr viel Manga-typischer als der von Gail Carriger – das heißt, die Figuren haben ausgefallene Frisuren, fantasievolle Outfits und ungewöhnliche Gesichtsausdrücke. Die einzelnen Bilder sind nicht so detailreich wie die bei „Soulless“, wirken aber auch nicht zu leer. Eine städtische Kulisse im venezianischen Stil mit modernen Elementen liefert ein tolles Setting für die Thriller-Handlung. Anfangs gibt es vier aufwändig illustrierte Farbseiten, die dann von durchgängigen Schwarz-Weiß Panels (gestaltet mit schwarzer Tusche, Rasterfolie, Schraffuren und Weißbereichen) abgelöst werden.

Beim Cover hat der Carlsen Verlag sich wieder einmal nicht lumpen lassen: Knallige Farben, Spotlack und matte Schattierungen lassen den Einband positiv aus der Menge herausstechen. Der punkige Einschlag passt hervorragend zur Handlung – die Gestaltung wirkt jugendlich, aber nicht albern. Das Buch (welches mit seinen 12,5 x 18 cm etwas größer ist, als ein durchschnittliches Manga) liegt gut in der Hand und die westliche Leserichtung machen das Schmökern zu einem Vergnügen. Zusätzliche Gimmicks, wie die Darstellung des Zeichenvorgangs verschiedener Emotionen anhand von Emils und Rosas Gesichtern, oder über das Buch verstreute Hinweise in „Code-Form“ zur Eroberung der zugehörigen Website (mit umfassendem Material, darunter Wallpaper, Skizzen, Hintergründe, Videos, uvm.), sind unterhaltsam und abwechslungsreich. Hier haben sich die Ersteller viel Mühe gegeben und bieten den Fans einiges, das über das normale Maß hinaus geht. Lediglich ein paar Worte über oder gar von der Autorin wären abschließend informativ gewesen.

Die Geschichte ist eine gelungene Mischung aus Polit-Thriller, Shōnen und Sci-Fi-Dystopie mit gesellschaftskritischem Inhalt. Mit Emil wurde ein nicht eben sympathischer, aber glaubwürdiger Charakter erschaffen, der mit vulgärer Sprache und destruktiver Haltung durch das Comic stolpert. Dabei ist es nicht immer ganz klar, was ihm mehr zu schaffen macht: Sein pubertärer Hormonspiegel oder die politische Verschwörung im Stile von „1984“ oder „Brave New World“. Interessant, wenn auch nicht übermäßig kreativ, sind die familiären Bande des Protagonisten, die sich über Regierung wie über Rebellen erstrecken. Hier sind interessante Charaktere dabei, die etwas Würze in das klassische Setting bringen. Emils Träume, die Kristallschädel und die dämonischen Wesen geben der politischen Handlung einen magischen Hauch, der sich wunderbar in die Geschichte einfügt. Blutige Kampfszenen und ein erotisches Intermezzo lassen keine Langeweile beim Leser aufkommen und wirken erfrischend in dem ewigen Einerlei von Emils selbstgerechten Dauerfluchen. Mit dem Anti-Helden des Comics hatte ich so meine Probleme: Seine schmollende Trotzhaltung wirkt oft eher debil als (so vermutlich angedacht) ironisch-humorvoll. Nichtsdestoweniger ringt Emil selbst kritischen Lesern stellenweise ein paar Lacher ab.

Insgesamt macht Melanie Schobers erster Teil der vierbändigen Reihe einen soliden Eindruck und ist sowohl für Manga-Laien als auch für Experten geeignet. Wer sich für dystopische Verschwörungsgeschichten mit magisch-abenteuerlichem Einschlag erwärmen kann, der wird auf seine Kosten kommen. Obwohl kein Element der Handlung schöpferisch niedagewesen ist, wirkt der Mix aus altbekannten Stilmitteln und Szenarien durchaus eigentümlich. Für den nächsten Teil würde ich mir etwas Tiefgang des (Anti-)Helden wünschen und viele weitere Kampfszenen. Dann könnte sich „Skull Party“ zu einem sexy Actionspektakel mit Kultstatus entwickeln.

Skull Party von Melanie Schober
Verlag: Carlsen (Carlsen Manga!)
Seiten: 196
Erscheinungstermin: Juli 2013
ISBN: 978-3-551-79381-2

5 Replies to “[Rezension] „Skull Party # 1“ von Melanie Schober

    1. Wahrscheinlich 🙂 Deswegen stehen bei mir auch noch soviele ungelesene Reihen herum…ich warte bis der letzte Teil erschienen ist. Wir sollten mal eine neue Rubrik eröffnen. Reihen die sehr zu empfehlen sind. Was meinst du?
      LG

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