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Wie heißt es so schön? Das Beste kommt zum Schluss! Da muss ich mal kräftig nicken. Denn ein eher durchwachsenes Bücherjahr 2019 endete für mich mit zwei echten Knallern. Dem mega unterhaltsamen Jugendkrimi „A Good Girl’s Guide to Murder“ von Holly Jackson sowie einem ungewöhnlichen Spannungsroman aus dem Diogenes Verlag: „Drei“ vom israelischen Autor Dror Mishani, der mich als Hörbuch in den Tagen nach Weihnachten vollkommen in Beschlag genommen hat.

Jedes Wort ein Wort zuviel…

„Drei“ wurde während einer Veranstaltung des Literaturhauses Herne Ruhr empfohlen und stellt mich vor eine schwierige Aufgabe. Was schreibe ich, wenn man besser so gut wie keine Worte verliert? Weil die Geschichte genau SO gelesen bzw. gehört werden muss – ohne jegliche Ahnung, in welche Richtung es geht.

Wenn ich im Folgenden also ein wenig herumeiern sollte, dann ganz bewusst, um zu vermeiden, euch Entscheidendes vorwegzunehmen.

Drei Frauen, drei Schicksale und wichtige Verbindungsstücke

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„Drei“ ist schon rein formal nicht ganz alltäglich. Die Geschichte gliedert sich in drei Teile – wie der Titel andeutet. In jedem Abschnitt steht eine andere Frau im Mittelpunkt. Die geschiedene Orna, die Immigrantin Emilia und die verheiratete Mutter Ella. Alle drei Frauen verbindet etwas. Auf den ersten Blick ist es nur eines: ein Gefühl von Einsamkeit. Orna fürchtet sich davor, nach vielen Ehejahren wieder allein zu sein. Sie sucht Kontakt im Internet. Emilia hat einen alten Mann gepflegt, der nun gestorben ist. Isoliert in einem Land, das ihr fremd ist, findet sie eine neue Stelle und ein wenig Glück in der Kirche. Und Ella? Ihr fehlt als Mutter von drei Kindern manchmal einfach die Luft zum Atmen.

Klug beobachtet

Mishani tastet sich mit viel Feingefühl und einer exzellenten Beobachtungsgabe an diese drei Frauen heran. Man meint sie wirklich kennenzulernen, kann sich gut vorstellen, dass Orna im Haus gegenüber lebt. Und auch Ella und Emilia wirklich real sind. Schon bevor der eine entscheidende Moment erreicht wird, in dem klar ist, worauf alles hinausläuft, keimt im Leser ein ungutes Gefühl. Mishani scheut sich nicht, den Blick auf dunkle und triste Momente zu legen. Vor allem im ersten Teil des Buches brodelt und arbeitet es unter der sachlich arrangierten Oberfläche.

Mishanis Charakterstudien werden von einem Clou getoppt, der für sich genommen nicht einmal so ungewöhnlich ist, in dieser Form aber total überrascht.

Das letzte Drittel hätte man eventuell um einige Seiten kürzen können. Das Ende wäre damit noch prägnanter in Szene gesetzt worden. Dennoch kann ich „Drei“ als anspruchsvollen und originellen Spannungsroman sehr empfehlen. Ebenso wie die Audio-Fassung, die von Schauspieler Franz Dinda unaufgeregt-nüchtern und angenehm vorgetragen wird und die anfangs völlig offene Art der Geschichte wunderbar unterstützt.

 

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Drei von Dror Mishani
Original: שלוש
Übersetzung: Markus Lemke
Format: Hörbuch
Sprecher: Franz Dinda
Dauer: 6 CD , 8 Std. 21 Min.
Veröffentlicht: 1. September 2019
ISBN: 978-3-257-80409-6

One Reply to “[Rezension] „Drei“ von Dror Mishani”

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