"Alles wird gut und zwar morgen" von Toni Mahoni, Roman
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Warten auf Godot

Toni Mahoni, seines Zeichens Berliner Videoblogger hat sich zum zweiten Mal auf die Bühne der Literatur gewagt. Und gleich die Hauptrolle in der Geschichte übernommen, die sich dem Klappentext nach zu urteilen, zu einem wirklich schrägen und unterhaltsamen Road-Movie entwickeln könnte. Klar, wer könnte Mahoni besser spielen als Mahoni selbst – ein Chameo Auftritt im eigenen Kopfkino sozusagen.

Die Schwierigkeit hierbei ist, dass der geneigte Leser häufig versucht ist, die reale Kunstfigur Toni Mahoni mit der fiktiven Romanfigur Toni Mahoni gleichzusetzen – und zusätzlich fragt man sich: wieviel vom echten Toni Mahoni, dessen wahren Namen nur Eingeweihte kennen, steckt in den beiden anderen. Und an dieser Stelle wurde es schwierig, zumindest für mich. Der Roman-Mahoni ist nämlich nicht gerade das, was man einen Macher nennt, obwohl diese Eigenschaft im Setting des Romans durchaus willkommen wäre und, nebenbei bemerkt, dem Fortgang und damit der Lesefreude einen gewaltigen Schubs mitgäbe.

Aber steigen wir doch am Anfang der Ereignisse ein: es muss sich etwas ändern im Leben des Toni Mahoni. So denkt nicht er selbst, sondern seine aktuelle Freundin Peggy, die diese Änderung auch gleich vollzieht. Denn eines ist ihr klar: Toni wird sich so schnell nicht bewegen. Er fühlt sich wohl in seiner Haut als ewiger „Berufsjugendlicher“. Wohlig eingesponnen in ein Netz von Bequemlichkeiten und bedingungslosen Freundschaften. Dass Peggy ihn nicht wirklich wegen seines wachsenden (Bier-)Bauches verlässt, sondern wegen seiner allzu sorglosen Art, in den Tag hinein zu leben, kein echtes Ziel zu haben, das versteht er bis zuletzt nicht.

Die Einladung eines seiner Freunde auf dessen Lieblingsinsel Mallorca ist die willkommene Ablenkung von Liebeskummer und Selbstmitleid. Nichts wie hin und ab an den Strand, wo auch gleich Kontakt zu Einheimischen geknüpft wird. Am Abend wird es eine Party geben und natürlich nimmt man die Einladung dankend an. Um sich auch dauerhaft abzulenken wird so mancherlei und bunt gemischt konsumiert – die erste Gelegenheit für den geneigten Leser, die Hand vor die Stirn zu schlagen und laut „Oh Mann, Mahoni“ auszurufen. Mahoni ist keine zwanzig mehr und Party-erfahren genug, um das zu vermeiden, was da auf ihn zu rollt: der völlige Kontrollverlust.

Umnebelt von Liebeskummer und Drogen stösst er den ersten Dominostein, sprich eine klassizistische und damit sehr wertvolle Statue um – sie zerbricht in tausend Stücke und Mahonis Freundschaften werden umgehend auf eine harte Probe gestellt.

Mißgeschicke in Drogen- oder sonstigen Räuschen sind eine Sache, sich den Konsequenzen dieser zu stellen, eine ganz andere. Unangenehm aber wird es auf jeden Fall, wenn andere Personen, sprich Freunde, so tief in die Geschichte verwickelt werden, dass sie um Leib und Leben fürchten müssen.

Ist der Roman-Mahoni in seinem Leben kein tatsächlich entschlossener Typ, der einen straighten Weg geht, so kann man ihm zumindest einmal in dieser Geschichte gratulieren: zur Wahl seiner Freunde.

Absolut bedingungslose Unterstützung, egal wann, wo, bei was und aus welchem Grund scheint die Basis dieser Beziehungen zu sein. Weshalb das so ist … man weiß es nicht. Vielleicht ist es eine gewisse Lebenseinstellung, die man sonst nur von Monty Pythons Bicycle Repair Man kennt: immer da wenn man ihn braucht, aus dem Nichts kommend will er eines nie: Dank.

Von Mahoni, dem sorglosen, verpeilten, auch unter höchstem Druck nur schwer in die Gänge kommenden Berliner Bohémien hat man diesen auch nicht zu erwarten. Jedenfalls nicht ausdrücklich. Zu sehr ist er mit sich und seinen Problemen beschäftigt. Er stolpert von einem Problem ins nächste und hätte er nicht diese Freunde, wäre er gleich zu Beginn hoffnunglos verloren.

Das vermutete Road-Movie entpuppt sich im Lauf der Dinge als ein sich zäh dahinschleppendes Gehangel von Station zu Station. Zugegeben das Setting der Geschichte, die einzelnen schrägen Situationen sind zuweilen sogar recht amüsant – alleine die Verbindung zu einem Roman gelingt nicht.

Das tragikomische Feuerwerk des Rückentextes erscheint eher als ein vereinzeltes Aufscheinen von verirrten Blitzlichtern. Episode reiht sich an Episode ohne eine unterhaltsame Verbindung. Damit ist nicht gemeint, dass Verbindungen zwangsweise sein müssen, aber wenn man sie so augenscheinlich herbeiführen will, wie in „Alles wird gut und zwar morgen“, dann braucht es schon etwas mehr als die Erzählungen aus dem Leben des Toni Mahoni.

Der Autor Mahoni hat sich einen Namen gemacht. Mit einem gewissen Stil. Schnoddrigkeit, Berliner Charme und Sprache, rauchig markante Stimme. Das funktioniert live auf der Bühne mit und ohne Band oder in einem Videoblogg wohl recht gut. Für einen Roman allerdings fehlt die Tiefe, vor allem bei den Figuren. Die Romanfigur Mahoni bleibt, trotz der vom Autor selbst erstellten Zeichnungen, blaß und an der Oberfläche.

Zu wenig Tiefe, zu viele Ideen in einer Geschichte, die einige Seiten zu lang geraten ist. Es hätte mehr daraus werden können, hätte man sich etwas eingeschränkt in dem, was alles in diesen Roman gepackt werden sollte. Aber vielleicht war auch hier der Titel Programm und alles wird gut, aber eben erst beim nächsten Mal.

Alles wird gut und zwar morgen von Toni Mahoni 
Taschenbuch: 320 Seiten 
Verlag: Galiani-Berlin
Erscheinungsdatum: 15. Mai 2014 
ISBN: 978-3869710723

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