"Die Schwelle" von F. R. Tallis, Roman
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Von Dämonen im Glas und anderen Begebenheiten

Paul Clément ist Arzt und etwas gelangweilt, als er
im Jahr 1872 eine Assistenzstelle auf den französischen Antillen angeboten
bekommt. Der Reiz der exotischen Landschaften und die Vorstellung, seltene
Krankheiten kennen und heilen zu lernen, lassen ihn das Angebot zügig
ergreifen.

Auf der Insel Saint-Sébastien kommt er mit
merkwürdigen Vorgängen in Kontakt. Geheimnisvolle Zeichen vom
einheimischen Priester, dem Bokor, beschworen, um bestimmte Geister
herbeizurufen. Lebende Tote, Auferstandene, die wie Zombies durch den Urwald
irren. Der Bokor und seine Meute, die ihnen Einhalt gebieten. Gruselmomente im
Paradies, die der junge Arzt hautnah miterlebt. Ein Schweigegelübde wird ihm unter
Androhung des Todes bei Schwurbruch auferlegt. Er ist sich sicher, dass er bis
in sein Grab über die verstörenden Erlebnisse schweigen wird.

Zurück in Paris versucht er, das Erlebte zu vergessen
und wirft sich komplett in seine Arbeit als Mediziner. Vor allem die neuesten
Erkenntnisse über Nahtod-Erfahrungen, die man durch die größtenteils
noch in den Kinderschuhen steckenden neuen Reanimationsmethoden
berichtet bekommt, faszinieren ihn. Die Kenntnisse, die er im Urwald über
gewisse Substanzen erworben hat, nutzt er nun, um die Schwelle selbst zu
überschreiten. Doch vorher tut er genau das, was er auf alle Fälle hätte
vermeiden sollen: Er bricht sein Schweigegelübde …

Damit ist der Grundstein gelegt für eine Geschichte, die
sich zwischen allen Stühlen bewegt: Mal absolut fundiert historisch, dann
wieder schwarz magisch, Opium geschwängert dämonisch oder
christlich-heilsbringend. Sehr gut recherchierte Fakten in den Bereichen der
Kunst, der Architektur, der Medizin und Psychologie bilden eine solide Basis
für einen Roman zwischen Wahnsinn und Wirklichkeit. Das allerdings schafft
keine wahren Spannungsbögen. Stilistisch und handwerklich auf hohem Niveau,
schafft F. R. Tallis es  leider
nicht, sein großes Wissen in Spannung zu transformieren.

Einige teilweise etwas reißerische Höhepunkte der besonderen
Art bilden lediglich kurze Spitzen zwischen der ansonsten gemächlich
dahinfließenden Handlung. Unterhaltung wird geboten, doch „Grusel und
Hochspannung im Überfluß“
wie der Klappentext es verspricht, ist nicht zu
finden. 

Die Schwelle ist auch dank seiner plastisch
beschriebenen Handlungsorte ein sehr gut recherchierter, fundiert aufgebauter
historische Roman mit kurzen Ausflügen ins Übersinnlich – Dämonische, der eines
nicht schafft: Die Grenze zur Spannungsliteratur tatsächlich zu überschreiten.

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Taschenbuch: 352 Seiten 
Verlag: btb Verlag 
Erscheinungsdatum: 10. Februar 2014 
ISBN: 978-3442744664

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