"Wie neugeboren durch Fasten" von Hellmut Lützner, Ratgeber
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Heute mal ein Thema, das noch bis Ostern gut in die Zeit passt: Es geht ums Fasten. Ich habe es vor kurzem zum allerersten Mal im Rahmen einer Mitmach-Aktion von Lovelybooks getestet. Und zwar auf der Grundlage des GU-Ratgebers „Wie neugeboren durch Fasten“ von Hellmut Lützner. Der ist inzwischen 90 Jahre alt (was ja schonmal ein gutes Zeichen ist!) und Internist. Er hat viele Jahre in der Bodenwaldklinik gearbeitet, in der nach Buchinger Art verfahren wird. „Wie neugeboren durch Fasten“ verkauft sich seit Jahrzehnten erfolgreich und hat sich inzwischen offenbar zu einer Art Fastenbibel entwickelt. 

Gemeinsam, in einer Online-Gruppe, sollten Buch und Konzept nun also praktisch erprobt werden. Nur, wie das Leben manchmal so spielt, kam bei mir alles etwas anders, als geplant.
Weil mir eine heftige Grippe dazwischen funkte, bin ich mit zweieinhalb
Wochen Verspätung an den Start gegangen. Da waren meine Mitfaster mit der Aktion bereits durch und ich war auf mich alleine
gestellt. Durchgezogen habe ich es trotzdem – fünf Tage lang (plus einem Entlastungs- und zwei Aufbautagen) habe ich mich ganz nach Buchinger ausschließlich von Tee, Wasser, selbstgekochter Brühe und Säften ernährt. Und
ganz ehrlich: Hätte mich währenddessen jemand gefragt, ob ich vorhabe,
irgendwann noch einmal zu fasten, hätte ich mit einem klaren „Nein!“ und einem bösen, hungrigen Magenknurren geantwortet. Im Nachhinein sehe ich das Ganze
etwas differenzierter.

Zunächst einmal kann ich den Ratgeber als Grundlage für Erstfaster im Großen und Ganzen empfehlen. Von der
praktischen Durchführung incl. Vor- und Nachbereitung, Krisen- und Entspannungstipps bis hin zu
allgemeinen Ausführungen über die Vorzüge des Fastens bietet er viele nützliche Informationen. Unsicheren und
kranken Menschen wird zu einer Rücksprache mit dem Arzt oder einem Aufenthalt
in einer Fastenklinik geraten. Auf Gefahren wird demnach angemessen
hingewiesen. Wochen- und Tagesübersichten, Einkaufslisten und ein Fastenprotokoll sowie Rezepte für die
Fasten- und Nachfastenzeit sind im Buch enthalten.

In der praktischen
Anwendung habe ich allerdings kleinere Kritikpunkte gesammelt. Negative Begleiterscheinungen wie Hungerfühle, Kreislaufprobleme und
Kopfschmerzen werden zwar thematisiert und Problemlösungen angeboten, dauerhafte oder sich verstärkende Leiden werden jedoch nicht berücksichtigt. So gab es in der Lovelybooks-Gruppe auch Teilnehmer, denen es so schlecht ging, dass sie abgebrochen
haben. Auf größere Krisen bereitet das Buch nicht hinlänglich vor. Auch bei „kleineren“ Fragen verwirrt Lützner mitunter. Ist Honig erlaubt oder nicht? Täglich oder nur bei Kreislaufproblemen? Und wo genau platziert man den angeratenen Leberwickel? Anatomische Asse wie ich hätten sich über eine kleine Grafik gefreut.

Die Fastenprotokolle sind etwas klein geraten, können aber problemlos größer kopiert werden. Eine bessere Struktur hätte ich mir für die einzelnen Tagesabläufe gewünscht. So fehlen in der Wochenübersicht mitunter Angaben, die man sich auf anderen Seiten erblättern muss. Und auch das Stichwortverzeichnis könnte noch um das ein oder andere Schlagwort erweitert werden. Unbedingt modernisiert werden sollten auch die Nachfasten-Rezepte. Sie sind zwar für Vegetarier geeignet, nicht aber für
Menschen mit Unverträglichkeiten oder aber Veganer. Ich habe sie aufgrund diverser Allergien und einer größtenteils veganen Ernährung teilweise leicht abgewandelt, das klappte dann immerhin recht problemlos. Grundsätzlich
sind die Ernährungsvorschläge äußerst sinnvoll und es ist wichtig sich in etwa daran zu halten, da der Nahrungsaufbau wirklich langsam vonstatten gehen sollte.

Wissenschaftliche Belege für den
berühmten Entgiftungseffekt, ein zentraler Aspekt der Buchinger-Philosophie, werden übrigens nicht geliefert. Kein Wunder, gibt es sie
doch nicht. Die sogenannten Schlacken konnten im menschlichen Körper bisher nicht nachgewiesen werden. Da aber gerade in letzter Zeit tatsächlich vermehrt Studien über positive Effekte des Fastens, etwa im Zusammenhang mit der Krebstherapie, veröffentlicht wurden, wäre es schön gewesen, man hätte sie in der aktuellen Auflage kurz erwähnt – so bleibt vieles sehr vage.

Mit der CD
alleine wäre ich übrigens nicht gut zurecht gekommen. Einkaufslisten und andere Übersichten können im Buch schnell nachgeschlagen werden, das Audiobook hätte mich  auf der Suche nach bestimmten Informationen hingegen wahnsinnig gemacht. Zum abendlichen
Hören war es eine schöne Zugabe, zumal der Sprecher sehr angenehm ist.
Die vierte CD (Anleitungen zur Meditation und zum Yoga) war weniger
hilfreich. Es wird viel zu schnell gesprochen, statt Ruhe kam bei mir eher ein Gefühl von Hektik auf. Hier
würde ich zu anderen Entspannungsmedien raten. 

So. Und wie ist mir das Fasten nun bekommen? Tja, es war schon eine
große körperliche und seelische Herausforderung für mich. Ob dies an der kurz zuvor
ausgestandenen Grippe lag, weiß ich leider nicht. Es war ein ständiges Auf und Ab aus Alles-okay und kleinen Einbrüchen. Mit Ausnahme des letzten Tages, hatte ich ständig Hunger, leckere Gerüche waren mir eine Qual. Das berüchtigte Fastenhigh, bei dem man angeblich ewig weiterfasten möchte, blieb definitiv aus. Zeitweise
litt ich unter stärkeren Kreislaufproblemen. Mit den im Buch vorgeschlagenen
Abhilfe-Tipps konnte ich jedoch gut gegensteuern. 

Reine, straffe Haut, Unterstützung bei Krankheiten und Allergien, Gewichtsverlust und vielleicht sogar mehr Kreativität. Positive Effekte werden von Lützner reichlich genannt. Aber konnte ich sie auch selbst feststellen? Jein. Ich fühlte mich tatsächlich (dank Serotonin) ab dem vierten Tag wacher als sonst, war trotz Kreislauf früh ausgeschlafen und voller Tatendrang. Eventuell hat sich auch mein Asthma verbessert. Das aber unter Vorbehalt – der neuerliche Kälteeinbruch könnte hier ebenfalls eine Rolle spielen. Abgenommen habe ich etwa drei Kilo, wobei mir dieser Aspekt nicht wichtig war und ohnehin wenige echte Pfunde
weg sein dürften. Vor allem sind es Wasser und Eiweiß aus den Muskeln. Die Fettverbrennung setzt nämlich erst nach mehreren Tagen ein, wie ich anderen (!) Publikationen entnehmen konnte… und natürlich steht der Jojo Effekt schon in den Startlöchern. Wer fastet, um abzunehmen, sollte sich darüber im Klaren sein, dass dies nur Sinn hat, wenn man hinterher dran bleibt und sich dauerhaft bewusst ernährt und mehr bewegt. Dafür sensibilisiert das Buch auch in angemessener Weise.

Letzten Endes muss meiner Meinung nach jeder für sich selbst herausfinden, wie gut oder schlecht ihm das Fasten bekommt. Für mich persönlich war es im Nachhinein vor allem eine gute Chance, mit Essgewohnheiten einmal klar zu brechen und die Schienen für eine gesündere Ernährung zu legen. Ich esse zwar eigentlich recht ausgewogen, aber es sind – wie mir jetzt wieder bewusst wurde – viele leere Kalorien dabei. In der Fastengruppe stellte jemand ganz richtig fest, dies sei ein grundsätzliches Problem unserer Gesellschaft. Alles steht immer und im Übermaß zur Verfügung. Es ist eine gute Erfahrung, den Wert von Lebensmitteln neu schätzen zu lernen. Im Moment genieße ich noch jeden Bissen.

Jedes Fasten soll bekanntlich anders sein. Und inzwischen weiß ich in etwa, was mich erwartet. Daher würde ich nicht ausschließen, vielleicht in einem halben Jahr noch einmal zu fasten. Allerdings nur topfit, gestärkt und ganz ohne Stress. Weil sich die Aktion bei mir verschoben hatte, musste ich währenddessen teilweise arbeiten und es gab auch privat viele Termine, die mich beansprucht haben. Ich würde allen,
die es zum ersten Mal probieren, deshalb raten, sich Zeit für das Fasten zu nehmen
und wenn möglich auch Urlaub. Krisen können zwar ausbleiben, müssen aber mit einkalkuliert werden. Der Alltag – Arbeit, Haushalt, evtl. Kinder und Freizeitverpflichtungen – fordert dann zusätzlich Kraft. Daher besser entschleunigen!

Nun würde mich natürlich brennend
interessieren, ob ihr selbst schon einmal gefastet habt? Welche
Erfahrungen habt ihr gemacht? Gute? Schlechte? Hinterlasst uns gerne
einen Kommentar. Wir freuen uns!

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Wie neugeboren durch Fasten von Hellmut Lützner
Taschenbuch: 128 Seiten
Verlag: GRÄFE UND UNZER Verlag
Erscheinungsdatum: 14. Dezember 2013, überarbeitet 2017
ISBN: 978-3833834103

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