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Wenn ich mir meine Rezensionen zu Ursula Poznanskis Büchern ansehe, scheine ich jedes Mal zum gleichen Schluss zu kommen: Unterhaltsam, angenehm zu lesen, tolle Ideen… und immer etwas überkonstruiert. „Stille blutet“, Poznanskis neuer Thriller-Reihenauftakt für Erwachsene, bildet da keine Ausnahme. Verschiedene Elemente sind zwecks Spannung so stark zurecht gebogen, dass man bestimmten Entwicklungen nur widerstrebend folgt. Insgesamt trägt die Geschichte aber die typische Handschrift der Autorin und punktet mit Kurzweiligkeit, sprachlicher Eloquenz und schöner Rätselhaftigkeit.

Der Aufhänger ist spektakulär: Die umstrittene Nachrichtensprecherin Nadine Just kündigt vor laufender Kamera ihre Ermordung an – zwei Stunden später ist sie tot. Kurz darauf ergeht es dem Blogger Gunther Marzik ähnlich. Während der Hashtag #inkürzetot trendet, suchen die junge Ermittlerin Fina Plank und ihr Team beharrlich nach Spuren. Schnell gerät Nadines Ex-Freund, der Werbefachmann und Frauenheld Tibor Glaser, unter Verdacht.

Stille blutet – kurzweiliger Reihenauftakt

Es gäbe sicher einiges zu kritisieren: Umgebungsbeschreibungen sind praktisch nicht vorhanden – Handlungsort Wien? Völlig austauschbar! – und die Persönlichkeiten der Figuren sind so rudimentär entworfen, dass sie stark stilisiert wirken. Verdrießlich stimmt vor allem Hauptfigur Tibor Glaser, der sich mit einem bemitleidenswerten Talent für falsche Entscheidungen erfolgreich selbst ins Zentrum der Ermittlungen rückt. Man möchte ihn schütteln.

Abschweifungen ausgeschlossen

Auch für die pummelige Polizistin Fina Plank und ihren chauvinistischen Partner Oliver würde man sich eine intensivere Betrachtung wünschen. Beide werden nur schwach durchleuchtet, was schade ist, denn von einem Erwachsenenbuch – selbst einem Krimi – erwartet man ein wenig mehr. Wiederum liegen die Vorteile auf der Hand: Ursula Poznanski erspart uns das zähe Herumkauen auf Lebensgeschichten der Ermittler*innen, die wahlweise traumatisiert, beziehungsgestört oder alkoholkrank durch die Thrillerwelt geistern und konzentriert sich wie immer angenehm auf das zu lösenden Denkspiel, das uns ins Schein und Sein der Wiener Medienwelt führt.

Was Ursula Poznanski hervorragend beherrscht, ist das „Show, don’t tell“, das A und O eines mitreißenden Schreibstils. Sie versteht es, ihrer Leser*innen von der ersten bis zur letzten Seite aktiv mitzunehmen, indem sie Gedanken und Entscheidungen ihrer Protagonisten transparent macht. Die Aktualität ihrer Themen (hier: Social Media, Mobbing, Fake News) ist ein Erkennungszeichen und in dieser Regelmäßigkeit selten unter Autor*innen zu finden. 

Fazit: Alles wie gehabt. Poznanski drauf, Poznanski drin – unterhaltsam! Trotz einiger Schwächen kann ich nicht behaupten, mich mit diesem Thrillerauftakt gelangweilt zu haben. Und da die Geschichte nicht gänzlich abgeschlossen endet, werde ich sicher auch die nächsten Teile lesen. Hauptfigur Tibor wünsche ich allerdings – sollte er nochmal in Erscheinung treten – deutlich mehr Cleverness.

 

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Stille blutet (Mordgruppe, #1) von Ursula Poznanski
Verlag: Knaur
Erschienen: 1. September 2022
ISBN-13: ‎ 978-3426226896
E-Book: ‎ 401 Seiten

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