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Es freut mich total, dass die einzelnen Bände dieser vierteiligen
Reihe in kurzen Abständen von wenigen Wochen nacheinander erscheinen.
Nach dem ersten Teil hätte ich gerne direkt weitergelesen. Auch der
zweite Band hat mich wieder völlig vereinnahmt und war viel zu schnell
zu Ende gelesen.
Auf den ersten Blick ist die Geschichte sehr ruhig,
teilweise fast gewöhnlich. Die Inhaltsangabe klingt wirklich
unspektakulär. Grundkonstellation ist folgende: Der junge
Schreinermeister Shigeji will aus eigener Kraft die durch einen Brand
zerstörte Zimmerei seiner Eltern wiederaufbauen. Privat entlasten soll
ihn Kindheitsfreundin Ritsu, die ihm den Haushalt führt, aber auch fünf
nicht ganz einfache Waisen im Schlepptau hat.
Man spricht oft von der Faszination des Alltäglichen. Das ist es, was
den Reiz dieser Geschichte ausmacht. Bei diesem Manga habe ich das
Gefühl, heimlich Nachbarn zu beobachten, unbemerkt durch ihre Fenster zu
blicken oder ihnen auf der Straße hinterherzugaffen.
Zeichner Minetaro Mochizuki fängt den Leser auf der zwischenmenschlichen Ebene ein, gibt
dem Leser/Betrachter aber nur Bruchstücke an die Hand. Interessant ist
der Kontrast, den er gestaltet: Eine fast klischeehafte
japanisch-kulturelle Distanziertheit und Höflichkeit der Figuren wird
immer wieder durchbrochen von emotionalen Ausbrüchen. Dabei reagieren
die Protagonisten keineswegs immer liebenswert, sondern eher menschlich.
Mal schreit Shigeji seine Arbeiter an, ein anderes Mal rutscht Ritsu
bei den Waisen die Hand aus. In diesem Teil macht sich eines der
Waisenmädchen außerdem einen Spaß daraus, Ritsu gegen die hübsche
Nachbarin Yuko auszuspielen. Und der pubertierende Kiku entwickelt
eindeutig sexuelles Interesse an Ritsu.
Ritsu und Shigeji kommen langsam aus ihrem Schneckenhaus heraus und
bringen kleine, offene Gespräche zustande. Es ist spannend mitzuerleben,
wie sich das Verhältnis der beiden inmitten der vielen Schwierigkeiten
verändert. Auch hier fühlt man sich als Leser wie ein Beobachter, ahnt,
dass sich eine Liebesbeziehung anbahnt, kommt an das Innere der
Charaktere aber nur ansatzweise heran. Das mag am Ende des zweiten
Bandes vielleicht wieder etwas frustrierend sein, andererseits wird die
Neugier auf den Fortgang der Geschichte kontinuierlich geschürt.
Gekonnt unterstützt wird die Handlung durch den einfallsreichen
Zeichenstil, der Gefühle in Details herausstellt und viel mit dem Format
der Bilder oder dem Blickwinkel spielt. Zeichnerisch wie inhaltlich ist
„Chiisakobee 2: Die kleine Nachbarschaft“ ein wirklich schöner, feinsinniger Manga, der mich weiterhin auf eine emotionale, realistische Weise begeistert.
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Chiisakobee 2: Die kleine Nachbarschaft von Minetaro Mochizuki
Taschenbuch: 228 Seiten
Verlag: Carlsen
Erscheinungsdatum: 30. April 2018
ISBN: 978-3551720962
Altersempfehlung: Ab 14 Jahren
One Reply to “[Rezension] „Chiisakobee 2: Die kleine Nachbarschaft“ von Minetaro Mochizuki”