"Liebe ist was für Idioten. Wie mich." von Sabine Schoder, Jugendbuch
Copyright: Fischer Verlage

Nach einigen literarischen Fehlgriffen in der letzten Zeit
sehnte ich mich nach einer Geschichte, von der ich mich mitreißen lassen und mich
komplett in ihr verlieren kann. Als ich auf dem Buchrücken von „Liebe ist was für Idioten. Wie mich.“ den verheißungsvollen Klappentext las, war ich sehr
skeptisch. Denn schon viele Bücher wurden in den Himmel gelobt, die am Ende eher enttäuschend für mich waren. Versprochen wurde mir, dass es eine besondere
Liebesgeschichte. So echt, dass sie weh tut – und so berauschend, dass sie
süchtig macht. Und genau das habe ich auch bekommen … 

Um Vikis Leben zu beschreiben, müssten erst einige Worte neu
erfunden werden. Denn Worte wie Vollkatastrophe, Desaster oder Ausweglosigkeit
beschreiben es nicht im Entferntesten. Ihre Mutter ist vor vielen Jahren
gestorben und seitdem lebt sie mit ihrem Vater, der ständig volltrunken ist, in
einer verdreckten kleinen Wohnung. Und immer wenn Viki denkt, das Leben könne
nicht noch beschissener sein, steuert die nächste Katastrophe direkt auf sie
zu. Ihr Herz versucht die zahlreichen anderen Wunden, die ihr Exfreund
verursacht hat, zu heilen. Da kann man schon mal aus Frust ein paar Tüten zu
viel rauchen, um sich komplett zu vergessen und ihren Schmerz zu betäuben. Als
Viki nach einem ausschweifenden Abend neben Jay – einem Typen, den man eigentlich
total bescheuert findet – erwacht und sich an nichts erinnern kann, ahnt sie
noch nicht welche Folgen diese unangenehme Situationen für sie beide haben wird.

Zugegeben, diese Beschreibung erinnert vielleicht an die
eine oder andere gelesene Liebesgeschichte aus der Vergangenheit. Jedoch sollte
man hier seine Vorurteile schnellstmöglich über Bord werfen und dieses Buch
lesen, denn diese Geschichte ist alles andere als gewöhnlich.

„Liebe ist was für Idioten. Wie mich.“ wird aus zwei sich
abwechselnden Perspektiven von Viki und Jay erzählt. Beide ergänzen sich
vortrefflich und man erfährt vieles von den Schwierigkeiten aus ihrem
alltäglichen Leben und ihrer Gefühlswelt. Während Viki fast jeden Gedanken und
jede Gefühlsregung mit dem Leser teilt, bemerkt man bei Jay, dass ihn etwas
sehr belastet. Ein dunkles Geheimnis, das er tief in seinem Innersten verborgen
hat. Jedoch fördert jede weitere Begegnung mit Viki etwas davon zu Tage. 

„Seit du da bist, ist jede Sekunde es wert, gelebt zu
werden. Seit du da bist, füllt sich meine Zukunft wieder mit Bildern“ Seite 310

Einen schönen Kontrast bieten auch die Familien der beiden
Hauptprotagonisten, denn beide könnten nicht verschiedener sein: Jays Familie
muss sich keine Gedanken über Geld machen, denn sein Vater verdient genug
davon. Zusammen leben sie in einem wunderschönen Haus, das stark an eine
Zeitschrift mit Einrichtungstipps erinnert. Und doch hat man bei dieser Familie
das Gefühl, dass sie alles andere als glücklich sind mit ihrem Leben. Vikis
Familie gleicht eher einer großen Last, mit der sie sich arrangiert hat. Besonders
eine Fähigkeit ist bei dem Zusammenleben mit ihrem stets betrunkenen und
verbitterten Vater von Vorteil: Die Fähigkeit sich unsichtbar zu machen. Viki führt
ein Leben, um das sie wohl niemand beneidet. Sie schafft es immer wieder, von
einer Misere in die nächste zu schlittern. Jedoch ist sie kein Mensch, der sich
stets in die Opferrolle begibt. Sie hadert nicht mit ihrem Schicksal oder badet
im Selbstmitleid. 
Sabine Schoder hat mich mit „Liebe ist was für Idioten. Wie mich.“ wirklich sehr überrascht. In ihrem starken Debüt vermischt sie ein
schweres Thema mit einer außergewöhnlichen Liebesgeschichte und viel dunklem Humor.
Trotz einiger Metaphern, beschreibt Schoder mit klaren Worten die Ereignisse um
Jay und Viki, zwei Protagonisten, die mit ihrem Schicksal zu kämpfen haben,
aber nie machtlos wirken. Nicht zuletzt wegen einer Waffe, die Schoder ihnen
auf den Leib geschrieben hat: Sarkasmus. Beide literarische Figuren können
diese Waffe gezielt einsetzen und bereiten dem Leser mit ihren lebendigen
und bissigen Dialogen, ein besonderes Lesevergnügen. Um ihre beachtenswerten
und authentischen Charaktere hat die Autorin eine sehr einnehmende Handlung
gesponnen, die zu keiner Zeit eintönig wirkt. Nach vielen gelesenen Kapiteln
kam eine Wende, mit der ich nicht gerechnet hätte. Jedes andere Buch wäre mit
dieser Thematik sofort zurück in das Regal, oder besser sofort verbannt worden,
weil dieses Thema in vielen Romanen breitgetreten wird. Aber auch hier glänzt
die Autorin mit Ideenreichtum und überzeugt auf ganzer Linie.
Sabine Schoder hat mich selbst mit ihrer Danksagung zum Schmunzeln
gebracht. Dort schrieb sie, dass sie am liebsten in jede Ausgabe eine
Spion-Kamera eingebaut hätte um die Reaktion ihrer Leser mitzuerleben. Liebe
Frau Schoder, da hätten Sie wohl einiges mehr zu tun gehabt, denn Ihre
Geschichte ist umwerfend und ruft viele wunderbare und unbeschreibliche
Gefühle hervor. Der Leser erlebt Ihr Buch so intensiv, weil Sie ihn an der
Handlung teilhaben lassen und sich ganz heimlich in Ihre Figuren verliebt. Er
lebt und lacht, leidet und weint mit ihnen. Und mal ganz unter uns: Diese Idee
hätten sie sich mal patentieren lassen sollen!

Liebe ist was für Idioten. Wie mich. von Sabine Schoder 
Taschenbuch: 352 Seiten 
Verlag: FISCHER KJB
Erscheinungsdatum: 23. Juli 2015 
ISBN: 978-3733501518
ab 14 Jahren

4 Replies to “[Rezension] „Liebe ist was für Idioten. Wie mich.“ von Sabine Schoder

  1. Huhu 🙂

    Deine Rezi kann ich sofort unterschreiben. Ich fand das Buch auch unglaublich toll und freue mich schon auf weitere Werke aus ihrer Feder. Zu Beginn dachte ich noch: Was soll denn an dem Buch so besonders sein? Spätestens nach 2/3 des Buches habe ich es erkannt und konnte sogar das ein oder andere Tränchen nicht zurückhalten.

    Wenn du willst kannst du mal bei meiner Rezi vorbeisehen: http://jennybuecher.blogspot.de/2015/09/sabine-schoder-liebe-ist-was-fur.html

    Liebe Grüße
    Jenny

  2. Ich finde allein das Cover schon sehr cool 🙂 Da ich aber im Moment immer noch sehr wenig lese, werde ich wohl so schnell keine neuen Bücher mehr kaufen *seufz* Und inwieweit ich ab Dezember noch zum Lesen geschweige denn schlafen komme ist auch fraglich xD

    1. Hahahhaaaaa. Naja ich könnte jetzt lügen und sagen: Ach das wird alles ganz easy. Die schlafen doch die erste Zeit. Ich habe genau das Gegenteil erlebt, also lies jetzt soviel du kannst! Es wird dir fehlen, aber dafür passieren so unendlich viele wundervolle Dinge 🙂
      LG

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