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Das Pseudonym wahrt der Verlag mit eiserner Disziplin. Aber ob sich nun hinter „Jean-Luc Bannalec“ eine in Literaturkreisen bekannte Vorzeigeperson versteckt, die nicht mit dem kurzlebeigen Genre der Krimizunft in Verbindung gebracht werden möchte, ob sich nun Männlein oder Weiblein dahinter verbirgt, oder ob ein französischer Deutscher oder deutscher Franzose die Einfälle in die Tasten bringt: Die in der Bretagne, genauer im Finistére spielenden Krimis mit dem etwas schusselig-liebenswürdigen Kommissar Dupin (im Gegensatz zu Pasquale Aleardi in den eher schwächelnden Verfilmungen nicht unbedingt ein Womanizer-Typ) sind ein Knaller.
Dabei ist die eigentliche Handlung fast nebensächlich. In „Bretonischer Stolz“ geht’s um eine Leiche, vielmehr um eine, die schon wieder verschwunden ist, als die Polizei anrückt, dann taucht eine weitere auf, aber Genaues weiß man nicht, ein Unfall ist zu beklagen, der keiner war, ein Feuerchen zu löschen, wo keines brennen sollte. Gottlob sind alle Missetaten verstreut zwischen Fouesnant und Port Belon, so dass Georges Dupin vom Commissariat de Police Concarneau unermüdlich unterwegs sein muss. Da ist es ratsam, sich zwischendurch zu stärken, und weil Dupin zum Missfallen seines Arztes der reichlich genossene petit café die Magenwände weggeätzt hat, tut er das mit Feststoffen.
Praires, Clams, Coques, Amandes, Palourdes grises, Parlourdes roses, kleine und große Meeresschnecken, große und kleine Langustinen, Krevetten, Krebse, Seespinnen und natürlich Austern. Dazu ein Schlückchen Anyou oder Champagner. Ein Spitzer Zitrone oder ein Hauch Mayonnaise. Ein Häppchen Baguette, ein Eckchen Brie de Meaux. Zum Abschluss ein Stückchen tarte tatin. So lässt es sich aushalten. Der Leser bemerkt die Absicht und ist beglückt: Nicht der Autorname „Jean-Luc Bannalec“ ist eigentlich irreführend, sondern die Flagge „Kriminalroman“, unter der die Story segelt. In Wahrheit ertönt in „Bretonischer Stolz“ ein subtiler, aber unüberhörbarer Touristenlockruf.
Verwunschenen Landschaften, winzige Ortschaften, verzauberte Plätze, berückende Restaurants laden (auch ohne Leichenschau) zum Verweilen ein. Port Belon gilt zudem – neben Cancale im Norden – das Mekka der Austern, der „Huitres“, und der Kunst ihrer Zucht und Veredlung, der „Ostréiculture“. Dupin, dem vor den glibberigen Schalentieren grault, zeigt sich zumindest lernbegierg. Und so hat auch der staunende Leser am Ende eine Menge Wissenswertes erfahren: über Herkunft, Sorten, Veredlungsmethoden, Bedrohungen der begehrten Meerestiere und nicht zuletzt über die unschöne Konkurrenzkämpfe der Züchter.
Charmant versorgen die gebürtigen Bretonen im Kommissariat ihren Chef mit Hintergrundwissen über die Bretagne bretonnante, die bretonische Bretagne. Feste, Legenden und Mythen, Druidenzauber und das berühmte Festival Interceltique verankern das keltische Erbe im kulturellen Bewusstsein. Das kann sich schon mal gegen die Geschichtsbücher richten: Selbstverständlich erfand ein Bretone das Mittel gegen Skorbut. Ohne Zweifel ist Halloween ein bretonisches Fest. Wer aber entdeckte Amerika? Bretonische Fischer von der Ile de Bréhat und zwar Jahrhunderte vor Kolumbus! Und wer erkämpfte dort die Unabhängigkeit? Der Marquis de la Rouerie, ein Bretone!
Aber das Wetter in der Bretagne! So mag mancher Leser gegen einen Aufenthalt einwenden! Kein Argument, befindet der bretonische Botschafter Dupin. Erstens regnet es in der Bretagne lange nicht so viel wie es das hartnäckige Vorurteil es will, und zweitens gilt dort es eine Lebensweisheit, die man sich auch hierzulande aneignen könnte. „En Bretagne il ne pleut que sur les cons“ – in der Bretagne regnet es nur auf Idioten! Na denn, Buch zu, nix wie hin.
„Bretonischer Stolz“ von Jean-Luc Bannalec
Band 4
Erschienen am: 17.06.2015
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