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Crow ist 12 Jahre und in einem Alter, in dem man anfängt, über die Welt und sich selbst nachzudenken. Crow hat dazu aber auch allen Grund. Als Baby hat man sie in einem Holzboot ausgesetzt…. und sie hatte Glück, dass sie von dem Einsiedler Osh gefunden wurde, der Crow ihren Namen gab und seither ein Vaterersatz für sie ist. Die beiden sind ein eingeschworenes Team, das sich in der rauen Natur einer Insel ein Refugium geschaffen hat, zu dem sonst nur noch die nette Nachbarin Miss Maggie gehört. Und eigentlich ist Crow zufrieden. Aber naja, sie ist nunmal 12 und hat Fragen. Sie möchte wissen, woher sie kommt, wer ihre Eltern sind und warum viele Inselbewohner so abweisend zu ihr sind.
„Eine Insel zwischen Himmel und Meer“ landete von der Programmvorschau direkt auf meinem Wunschzettel, weil mir im letzten Jahr „Das Jahr, in dem ich lügen lernte“ von der Autorin so gut gefallen hat. Es ist eigentlich ein Kinderbuch, aber Lauren Wolk sagt selbst, sie habe während des Schreibens keine konkrete Zielgruppe vor Augen. Und so ist es im Grunde ein Buch für jeden, der zauberhafte, kleine Geschichten mag und Freude an guter Sprache hat.
Zeitlich wird man in die 1920er Jahre versetzt. Crows Nachforschungen zu ihrer ursprünglichen Familie führen zu der unbewohnten Insel Penikese, die es tatsächlich gibt und auf der früher Leprakranke behandelt worden sind. Sie vermutet, dass ihre Eltern hier gelebt haben und plant einen Ausflug dorthin. Dabei geraten die Dinge jedoch auf abenteuerliche Weise in Bewegung.
Insgesamt ist es eine Mischung aus Spannung und Gefühl, größtenteils aber eine eher ruhige Geschichte. Obwohl es am Rande zu einigen negativen Erlebnissen kommt, hat Lauren Wolk einen positiven Grundton kreiert, ohne viel Drama und schwere Konflikte. Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang vor allem der federleichte Schreibstil, der die Seiten nur so dahinfliegen lässt und der aufgeweckte Blick, den Lauren Wolk immer wieder beweist, ein Charakteristikum ihrer Bücher.
„Ich lernte gerade, dass manche Dinge Zeit brauchen und dass nichts schneller geht, wenn man sich Sorgen macht.“ (S. 97)
Die Protagonisten machen es einem mehr als leicht, sie zu mögen. Crow ist charakterfest und clever. Osh, der Fels in der Brandung und Miss Maggie könnte mit ihrer bestimmten, aber warmherzigen Art glatt eine Schwester von Minerva McGonagoll sein. Die drei verkörpern all das, was eine „Familie“ bzw. eine „Gemeinschaft“ idealerweise ausmacht. Vielleicht läßt sich so auch erklären, warum die Autorin so gut wie keine Informationen zu Alter und Biografie von Osh und Maggie liefert. Zentral sind die Werte, nach denen sie leben. Unabhängig von individuellen Vorgeschichten und Blutsverwandtschaften haben sich hier drei Menschen gefunden, die zusammen stehen, sich respektieren und sich um einander sorgen. Umrahmt von einer lebendigen, malerischen Inselatmosphäre ist das einfach wunderbar zu lesen.
Wenn die Autorin ihre Geschichten nun noch mit etwas mehr Fingerspitzengefühl beenden würde, hätte ich rein gar nichts zu kritisieren. Ähnlich wie in „Das Jahr, in dem ich lügen lernte“, habe ich die Spannungssteigerung auf den letzten Seiten nämlich als völlig unnötig empfunden, da Crows kleines Abenteuer für mich eigentlich schon früher rund und zu Ende erzählt war. Aber das ist eine Kleinigkeit und fällt kaum ins Gewicht.
Fazit: Ausgewiesen als Kinderbuch für 10-13jährige kann ich „Eine Insel zwischen Himmel und Meer“ allen empfehlen, die Freude an gut geschriebenen, emotionalen Geschichten haben. Lauren Wolk erzählt von der Härte des Lebens und wie man ihr mit Vertrauen, Bescheidenheit und Zusammenhalt begegnen kann. Ein Buch zum Wohlfühlen, klar und ausdrucksvoll verfasst, das sich abenteuerlich entwickelt und ein bisschen historisches Wissen vermittelt.
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Hardcover: 288 Seiten
Verlag: dtv Verlagsgesellschaft/Reihe Hanser
ISBN: 978-3423640350
Altersempfehlung: 10 – 13 Jahre