Die Detektei Wells und Wong steuert mit „Der Tod setzt Segel“ ihrem letzten Abenteuer entgegen. Und ich meinem dritten Reihenabschluss innerhalb einer Woche. Whoop Whoop! Einerseits ist es befriedigend, eine Serie irgendwann abzuschließen. Das bedeutet ja offenbar, dass die Autor*innen alles richtig gemacht haben und bis zuletzt zu fesseln wussten. Auf der anderen Seite fällt es natürlich schwer, liebgewonnene Figuren ziehen zu lassen.
Daisy Wells und Hazel Wong haben mich über mehrere Jahre hinweg wunderbar unterhalten – mit ihrer liebenswerten, eigenwilligen Art, kuriosen Fällen und charmant-gemütlicher Deduktion im Stile alter Kriminalromane. Deshalb ist es ein kleiner Trost, dass Robin Stevens für 2022 schon eine neue Buchreihe (The Ministry of Unladylike Activity) angekündigt hat, in welcher Hazels kleine Schwester May im Zentrum stehen wird. Ich bin fast sicher, wir werden noch einmal von Hazel Wong und Daisy Wells hören.
Tod auf dem Nil
Aber erst einmal wird Abschied gefeiert: Welcher Ort bietet sich dafür besser an, als ein Kreuzfahrtschiff in Ägypten, incl. einem „Tod auf dem Nil“. Robin Stevens spart auch im letzten Band nicht mit Anspielungen und Bezügen zu ihrem großen Vorbild Agatha Christie.
Segel setzen… Dem Ende und neuen Ufern entgegen
Unter den Schiffsreisenden befindet sich eine kleine Gruppe reicher Leute, die einem seltsamen religiösen Kult frönt. Ihre Mitglieder geben vor, Reinkarnationen ägyptischer Königinnen und Könige zu sein. Besonders sympathisch ist niemand aus der Gruppe. Am allerwenigsten ihre übellaunige Anführerin, Theodora Miller. Dass diese schon bald mausetot ist, überrascht daher nicht. Trotzdem muss der Mord natürlich aufgeklärt werden.
Wie schon im letzten Buch („Eine Prise Mord“), fand ich die Verdächtigen teilweise etwas ungenau entworfen und einige Szenen leicht chaotisch, was vielleicht auch an der Fülle der Figuren lag. Neben den Mitgliedern der ominösen Hauch-des-Lebens-Gesellschaft, haben George, Alexander, Amina El Maghrabi, die halbe Familie Wong und mehrere Bedienstete einen Auftritt. Mit der Zeit konnte ich aber komplett in die Geschichte eintauchen, die Szenerie wurde immer deutlicher und spannender.
Kleine Unebenheiten
Für die beiden Heldinnen, Daisy und Hazel, hätte ich mir allerdings – gerade im letzten Teil – noch mehr Interaktion gewünscht. Da gab es einige Bücher der Reihe, in denen ihre Beziehung, ihre Stärken und Schwächen, intensiver und interessanter dargestellt worden sind. Dennoch wirken die beiden glaubwürdig und natürlich. Man spürt die große Veränderung, die die Charaktere mit der Zeit durchgemacht haben. Sie sind älter und reifer geworden.
Pubertät und Gesellschaft
Dabei hat Autorin Robin Stevens ein gutes Gespür für Dinge, die für Leser*innen im Alter von Hazel und Daisy (12 – 15 Jahre) relevant sind. Es geht um die Entdeckung der eigenen Sexualität, auch um Diversität, Gleichberechtigung, um Abgrenzung von der Erwachsenenwelt und unterschwelligen, manchmal offenen Rassismus. Diese Motive haben sich mehr oder weniger durch alle Bücher gezogen, ohne altklug und aufdringlich daherzukommen.
„Eine Affäre!“ Ich keuchte. „Aber die beiden sind so alt!“
„Ja, nun ja, Erwachsene sind schrecklich widerlich. Das ist inzwischen klar geworden, Hazel.“ (S239)
Das Drum und Dran des Mordes ist mal wieder äußerst kniffelig, so dass das Mitraten großen Spaß macht. Und auch die Auflösung ist klasse. Leider gab es gegen Ende noch einen Handlungsschlenker, der mir unnötig dramatisch erschien, was wohl einer Referenz an Sherlock Holmes geschuldet ist. Aber okay.
Alles in allem hatte dieser Abschluss minimale Schwachstellen. Gleichzeitig ist er so skurril, rätselhaft und humorvoll, dass man die Reihe mit einem wirklich guten Gefühl beenden und (wie in meinem Fall!) schon einmal Mays künftigen Erlebnissen entgegenfiebern kann.
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Der Tod setzt Segel (Der neunte Fall für Wells & Wong) von Robin Stevens
Originaltitel: Death sets Sail
Übersetzung: Nadine Mannchen
Verlag: Knesebeck
Veröffentlicht: 27. März 2021
Hardcover: 332 Seiten
ISBN: 978-3957284792
Empfohlenes Lesealter: 12 – 14 Jahre