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August ist ein Teenager. Und August ist ein Monster. Äußerlich menschlich, vom Wesen her ein Sunai. Eine von drei Monsterarten, die aus den Verbrechen der Menschen hervorgegangen sind. Er lebt in der zweigeteilten Stadt Verity, in der sich Untergrundkämpfer unter der Führung von Augusts „Vater“ Henry Flynn gegen die immer größer werdende Schar bösartiger Monster zur Wehr setzen, die Callum Harker, Flynns mächtiger politischer Gegner, sammelt, wie andere Leute Briefmarken. Klare Fronten also. Bis Kate auftaucht, Harkers Tochter, die auf August so gar nicht den Eindruck eines Feindes macht.

„Monsters of Verity – Dieses wilde, wilde Lied“ von Victoria Schwab ist eigentlich eine Romeo-und-Julia-Geschichte, eingebettet in Fantasy mit dystopischen Anteilen. Wahrscheinlich ist es nicht die größte Innovation im Genre. Aber das Buch ist unterhaltsam, teilweise konnte ich es kaum aus der Hand legen. Obwohl ich merkwürdigerweise oft auch ganz schön frustriert war und einige Kritikpunkte benennen kann.

Monster und Mensch

Anfangs könnte man denken, es mit einer recht komplexen Geschichte zu tun zu haben. Die Autorin deutet vieles nur an und inszeniert damit eine mysteriöse Atmosphäre, die neugierig macht. Das Konzept scheint originell. Mal keine Vampire, keine Werwölfe, Hexen oder Feen. Schlicht und ergreifend: Monster. Die – wenn man weiter liest – leider doch nicht so besonders neuartig sind. Die einen (Malchai) sind nicht viel mehr als Vampire mit ihrem bleichen Aussehen, den roten Augen und ihrer Vorliebe für Blut. Die anderen (Corsai), die im Dunkeln unter der Erde leben, hungrig und mit weißen milchigen Augen, erinnern stark an Zombies.

Kontrollen und Kameras

Erwartet man ein feines dystopisch-urbanes Setting, kommt schnell Enttäuschung auf, da dieses auf wenige Stichpunkte zusammenschrumpft: verfeindete Stadtteile, Grenzkontrollen, Kameras, hinter den Grenzen viel Ödland und irgendwo andere Territorien. Der Rest bleibt verschwommen. Auch die Nebenfiguren (Augusts Sunai-Geschwister Leo und Ilsa, seine Eltern, Kates Vater, dessen Untertanen) wirken allenfalls angerissen und sind kaum näher ausgearbeitet.

Null Drama, null Dreieck

Was ich mochte, war die Dynamik zwischen Kate und August. Kate ist eine starke, exzentrische Persönlichkeit und August hat eine introvertierte, emotionale Seite. Trotzdem begegnen sich beide auf Augenhöhe. Dieses Zusammenspiel hat etwas Authentisches, Überzeugendes und wirklich Schönes. Wofür ich die Autorin liebe, ist der Umstand, dass es kein, absolut kein Teenager-Drama gibt. Keine nervenaufreibenden Liebesdreiecke, kein Dominanzgehabe, keine weinerlichen Mauerblümchen. Auch, wenn die Liebesgeschichte greifbar ist, hoffe ich, dass der romantische Teil in der Fortsetzung so ungezwungen bleibt.

menschliche Scheusale, scheußliche Menschen

Ich mochte auch August, mochte seinen Konflikt, einerseits in seinem (Monster-)Wesen gefangen zu sein, auf der anderen Seite nach Menschlichkeit zu streben. August ist ein Sunai. Eine Art gutaussehender Dementor, der den Menschen ihre Lebenskraft aussaugen kann. Und zwar mit Hilfe von Musik, weshalb August auch meistens eine Geige mit sich herum trägt. Natürlich tötet August nur Mörder, denn eigentlich ist er ja der Gute. Neu ist das allerdings nicht, wenn man an den Vegetarier-Vampir Edward Cullen denkt. Ohnehin erinnert Augusts „Familie“ stark an die Cullens – der Arzt Henry Flynn, seine Partnerin, die sanfte Emily und deren „zusammengesammelten“ Kinder. Tell me something new, ging es mir mehr als einmal durch den Kopf. Womit ich dann wieder bei meinen Kritikpunkten wäre.

Kates Konflikt

Obwohl Kate und August gut harmonieren, konnte ich mit Kate zeitweise wenig anfangen. Sie versucht ihrem mafiösen Vater nachzueifern und möglichst monströs zu wirken. Das könnte ein interessanter Konflikt sein, auch in einem Jugendbuch, wird hier aber zu stark vereinfacht und auf ein paar widersprüchliche Bilder reduziert. Wenn Kate eine Kapelle abfackelt oder kaltblütig ein Monster niedersticht, um im nächsten Moment in Schuluniform zum Unterricht zu spazieren und von der toten Mutti zu träumen, dann erscheint nicht nur der Gewaltaspekt unnötig brutal, sondern auch der Charakter zu künstlich angelegt. Kate schaltet ständig von „tough“ auf „empfindsam“ um, was mir einfach nicht echt vorkam.    

Bei aller Kritik … die Story ist gut geschrieben und spannend erzählt. Es wird gekämpft, intrigiert und heimlich recherchiert. Getötet und verraten. Erst ganz am Ende wird es ein bisschen zu voraussehbar, was mich aber nicht davon abhalten wird, die Fortsetzung zu lesen.

Fazit: Nicht neu, nicht ohne Schwachstellen, aber amüsant, spannend und gut geschrieben. Ich freue mich auf die Fortsetzung und hoffe, dass die Welt von August und Kate komplexer wird und mehr Gestalt annimmt.

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Monsters of Verity – Dieses wilde, wilde Lied von Victoria Schwab
Übersetzung: Bea Reiter
Hardcover: 432 Seiten
Verlag: Loewe
Erscheinungsdatum: 17. September 2018
ISBN: 978-3785588635
Altersempfehlung: 14 – 17 Jahre

2 Replies to “[Rezension] „Monsters of Verity – Dieses wilde, wilde Lied“ von Victoria Schwab

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