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Er kommt aus einem anderen Universum, fällt mit einem lauten
BUMM auf die Erde und hat unglaubliche Kräfte. Nein, ich spreche nicht von dem
Herrn, der Telefonzellen als Umkleidekabine missbraucht. Superman war gestern.
Jetzt kommt Hilo! Ein Comicheld, der ausnahmsweise einmal genau für die
Altersgruppe geschaffen wurde, die von Superhelden am meisten begeistert ist:
Kinder!
Die Idee zu „Hilo“ hatte
der Zeichner und Autor Judd Winick, der an Serien wie Green Lantern und Green
Arrow beteiligt war, für Marvel und DC geschrieben hat, aber irgendwann bedauernd
feststellten musste, dass er seine eigenen Arbeiten nicht gemeinsam mit seinem
siebenjährigen Sohn lesen konnte, weil sie nicht altersgerecht waren.
Für „Hilo: Der Junge, der auf die Erde krachte“ hat
Winick daher Muster von Superheldengeschichten – Gut gegen Böse, Kampf und Action,
übermenschlichen Fähigkeiten – massiv vereinfacht und das Tempo derart gedrosselt,
dass ich die Altersempfehlung (10-12 Jahre) erstmals als zu hoch gegriffen erachte.
Meiner Ansicht nach kann der Comic ohne Weiteres von den jüngsten Grundschulkindern
gelesen werden. Zumal die Geschichte trotz ihrer Schlichtheit und viel KARUMMS
und WUMMS Wirklichkeitsnähe beweist, indem sie Probleme anspricht, mit denen Kindern
heutzutage konfrontiert sind.
Die Handlung ist schnell zusammengefasst: D.J. ist oft
einsam. Obwohl er als Sandwichkind mit zwei älteren Brüdern und zwei jüngeren
Schwestern aufwächst und es selten leise bei ihm zuhause ist, fehlt ihm ein
Spielkamerad. Doch seit D.J.s beste Freundin Gina weggezogen ist, treibt er
allein und ziellos durch den Alltag. Mit Trübsalblasen ist Schluss, als
plötzlich ein Junge in einer silbernen Unterhose vom Himmel fällt, Gina
überraschend zurückkehrt und einige grimmige Robotermonster auftauchen. Jetzt
bleibt ihm kaum noch Zeit zum Luftholen!
Viel nachdenken müssen junge Leser in diesem ersten Band
nicht. Im Grunde geschieht nichts weiter, als dass Hilo vom Himmel fällt, D.J.
ihn mit zu sich nach Hause nimmt und gegen ein paar Monster kämpfen muss. Wohl
dosiert platziert Judd Winick einige kleine Rätsel, die man gemeinsam mit Hilo
lösen kann. Denn das Kind aus dem Himmel hat keine Erinnerung daran, woher es
kommt, aber die Ahnung, dass es eine Bestimmung hat und ein paar Gedankenfetzen
an ein Wesen namens Razorwark.
Dazwischen gibt es genau die Art Witze, über die jüngere
Kinder zum Befremden von Erwachsenen lauthals lachen können. Beispielsweise, wenn
Hilo aus vollem Herzen rülpst (und Hilo rülpst viel!), wenn er wild Ahhhhh
kreischt, weil er glaubt, dies sei die offizielle Begrüßungsform auf der Erde
oder nach einem Essen in einen komaähnlichen Tiefschlaf fällt. Hier mag dem
erwachsenen Leser der feinhumorige Schliff fehlen, für Kinder ist es genau das
Richtige.
Der Comic ist süß gestaltet, in knallig-bunten
Farben, die man seitenweise einfach auf sich wirken lassen kann, da einige
Kampfszenen völlig ohne Text auskommen. So kann auch das faulste Lesefaultier dieses
Abenteuer schnell durchleben.
Ohne überspanntes Drama, wenngleich etwas konfus
eingestreut, zeigt uns Winick nebenbei Dinge, die Gina und D.J. belasten und richtet
sich damit vielleicht an die Mütter und Väter, die dieses Comic zusammen mit
ihren Kindern lesen. D.J. etwa glaubt kein einziges Talent zu besitzen. Während
seine Geschwister und Mitschüler allesamt mit besonderen Leistungen glänzen,
hält sich D.J. für völlig unbegabt und leidet unter Selbstzweifeln. Gina
hingegen kann alles und macht alles und das ist fast schon zu viel. Aber
Freizeit gestattet sie sich nicht, zumal sie gar nicht wüsste, was sie damit
anfangen sollte. Ihre Eltern haben ohnehin keine Zeit für sie. So hallt „Hilo: Der Junge, der auf die Erde krachte“
wohltuend leise der Ruf nach Individualität, Freiraum und Aufmerksamkeit nach.
Habe ich Kritik? Nun, den Figuren fehlt meiner Meinung nach ein
Quäntchen Profil und Eigenheit, damit man sie besser kennenlernen kann, der
Geschichte ein klein wenig Raffinesse. Aber alles in allem ist „Hilo: Der Junge, der auf die Erde krachte“ ein
wunderbares Comic für junge Superheldenfans über einen ganz jungen Superhelden,
der unnötige Härte ausspart und mit der einen oder anderen Überraschung glänzt. Nicht kindgerecht ist
allenfalls der Preis, der mit 14 Euro durchaus beachtlich ausfällt. Allerdings
ist die Aufmachung dieses Comics wirklich hochklassig, handlich und buchartig mit
einem festen Einband. In Relation zu manch einem (ebenfalls nicht ganz
billigen) Heftchen vom Kiosk tut der Preis nur halb so weh. Das Taschengeld
dürfte in vielen Fällen trotzdem nicht ganz reichen. Daher eignet sich „Hilo: Der Junge, der auf die Erde krachte“
vermutlich eher als Geschenk von Mama und Papa. Die
Geschichte endet übrigens mit einem gemeinen Cliffhanger, den man nun leider geduldig
ertragen muss. Denn Band zwei erscheint voraussichtlich erst im Frühjahr 2017.
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Hilo 01: Der Junge, der auf die Erde krachte von Judd Winick
Gebundene Ausgabe: 200 Seiten
Verlag: POPCOM
Erscheinungsdatum: 13. Oktober 2016
ISBN: 978-3842030817
Vom Hersteller empfohlenes Alter: 10 – 12 Jahre