"Wispernde Schatten" von Daniel Blythe, Jugendbuch
Copyright: Chicken House

Nach dem Tod ihres Vaters zieht Miranda mit ihrer Mutter ins
englische Firecroft Bay. Jede Nacht wird in schrecklichen Albträumen von einem
körperloser Schatten heimgesucht. Schnell wird klar, dass die Albträume längst
nicht das unheimlichste Phänomen in dem neuen Städtchen sind: Ein Bus, in
dessen Innenraum auf dem morgendlichen Schulweg Blitzeis aufkommt,
explodierende Computer und merkwürdige Stromausfälle deuten auf die Präsenz
eines übernatürlichen Wesens hin. Miranda trifft auf einige andere Jugendliche,
die, wie sie, übersinnliche Fähigkeiten besitzen. Gemeinsam versuchen sie
hinter das Geheimnis von Firecroft Bay zu kommen und geraten dabei in größte
Gefahr…


Liebe
Leseratten, eine Rezension zu Wispernde Schatten zu schreiben, fiel mir
gar nicht leicht. Es gibt wie so oft positive und negative Aspekte, die erwähnt
werden sollten, ohne natürlich zu viel von der Handlung preiszugeben. Kommen
wir zunächst zu den negativen:

Der Sprachstil des Autors ist eher gewöhnungsbedürftig.
Damit meine ich nicht, dass der Jugendslang – das Geschehen wird aus der Sicht
der Protagonistin Miranda geschildert – stört, denn der darf in einem
Jugendbuch durchaus vorkommen und ist meiner Meinung nach dem Sprachstil der
vorgesehenen Zielgruppe angemessen. Leider bleibt dem Leser der Grund für den
umgangssprachlichen Ton verborgen, denn er wirkt weder witzig noch glaubhaft. Ich
habe mich mal bei anderen Rezensionen umgeschaut und bin hinsichtlich des
Sprachstils auf Ausdrücke wie „pfiffig“, „sehr jugendlich“, „ruppig“ und
„salopp“ gestoßen, die tatsächlich alle gleichermaßen zutreffen. Einerseits
wirkt die Erzählweise also authentisch. Andererseits liest sie sich aber
weniger „frech“ als wahrscheinlich beabsichtigt, sondern eher gekünstelt und
ordinär. Perspektive und Sprache erinnerten mich anfangs an Untot – Lauf,solange du noch kannst, ein anderes Jugendbuch aus dem Chicken House Verlag
von Kristy McKay. Bei Letzterem wirkte der burschikose und gewollt amateurhafte
Ton eher witzig und „entgruselnd“, hier eher aufgesetzt..

Was bei Wispernde Schatten weiterhin stört, ist die Oberflächlichkeit
der Erzählweise. Durch die eingeschränkte Erzählperspektive werden dem Leser
wichtige Hintergrundinformationen vorenthalten, die zur Spannung beitragen
würden. Da Miranda zunächst eher zögerlich Freundschaften schließt, bleibt sie
isoliert. Ihr Verhalten ist insgesamt wenig nachvollziehbar, sie wirkt zickig
und Ich-bezogen. Obwohl ihr vom Autor krachledernes Selbstbewusstsein auf den
fiktiven Leib geschneidert wurde, lässt sie sich paradoxerweise permanent von
sämtlichen Mitmenschen unterbuttern und bevormunden. Die anderen Figuren wirken
flach und obendrein unsympathisch. Auch angedeutete Vorgeschichten der Charaktere
werden nicht zufriedenstellend aufgelöst oder weitererzählt. Leider werden die
Figuren derart oberflächlich dargestellt, dass ich mich beim Schreiben dieser
Rezension an keinen einzigen Namen mehr erinnern konnte und meinem Gedächtnis
mit einem Blick in die Buchseiten auf die Sprünge helfen musste. Das sagt
einiges über die Wirkung der Geschichte aus. Obwohl Miranda von der
geheimnisvollen Geisterjäger-Gruppe mehr oder weniger genötigt wird
mitzumachen, sind die Mitglieder nicht ehrlich zu ihr; sie schrecken weder vor
Intrigen noch vor Gewalt zurück, um die Protagonistin gefügig zu machen.

Wenn ihr, liebe Leser, von jemandem, dem ihr sowieso schon
misstraut, hintergangen und betäubt werdet – schließt ihr euch demjenigen dann
auch noch an? Ich bezweifele das.

Wirklich gelungen (und deutlich in Erinnerung geblieben) dagegen
sind Setting und Ambiente. Die beschriebene Atmosphäre des – vermeintlich – malerischen
Küstenstädtchens in England lässt die ein oder andere Urlaubslaune aufkommen
und der Schauplatz der Geisterjagd, ein düsteres Kloster über der Stadt, sorgt
für den nötigen Gruselfaktor. Vor allem wer die Kombination aus Meer,
Gespensterjagd und Freundschaft mag (wer mag das nicht?), wird in diesem Punkt
auf seine Kosten kommen. Insgesamt fehlt es der Geschichte nicht an Spannung,
die Handlung rund um die Geistergeschichte ist rasant und schaurig erzählt. Die
Auflösung des Mysteriums lädt zum Mitraten ein und ist am Ende doch
einigermaßen überraschend.

Leider setzt sich die Stimmung einer Geschichte nicht nur
aus Lokalkolorit und Landschaft zusammen. Auch Figuren und Sprache spielen eine
wichtige Rolle. Die beiden letzten Faktoren sind in diesem Roman etwas zu kurz
gekommen. Nichtsdestotrotz hat Daniel Blythe bei seinem Debut viel Talent
bewiesen und sollte unbedingt weitere Geschichten schreiben. Dieser Roman ist
zwar noch nicht perfekt. Ich hoffe aber, dass wir in Zukunft noch von diesem
Autor hören werden.

 
Wispernde Schatten ist eines jener Jugendbücher, die
tatsächlich nur für die empfohlene Altersklasse geeignet sind. Wer älter als 15
Jahre ist, der wird etwas Tiefgang vermissen. Für jüngere Leser hat dieses
Abenteuer hingegen mit Sicherheit seinen Reiz und wartet mit einer
geheimnisvoll-düsteren Atmosphäre auf, die an abenteuerliche Jugendbuchserien
wie Enid Blytons „Fünf Freunde“ erinnert.

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Wispernde Schatten von Daniel Blythe 
Gebundene Ausgabe: 272 Seiten 
Erscheinungsdatum: März 2013 
ISBN: 978-3551520463

3 Replies to “[Rezension] „Wispernde Schatten“ von Daniel Blythe

  1. Danke für deinen Kommentar, Kat! Ich finde es großartig, deinen tollen Blog mit ein paar Rezis unterstützen zu dürfen.
    Schön, dass dir diese Rezi gefallen hat und du meine Kritik nachempfunden hast.
    LG,
    Krink

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