Wer kennt es nicht? Insgeheim träumt man manchmal von einem umfangreichen Erbe, mit dem sich das gesamte Leben ändert und leichter wird, weil man sich einfach viele Wünsche erfüllen kann. Jedoch sollte dieses Erbe bitte von einer bisher unbekannten Person stammen. Wie einem entfernten Verwandten, von dem man bisher keine Kenntnis hatte. Zwar hat Susanne – die literarische Hauptfigur aus „Marlenes Erbe“ – das Glück über Nacht stolze Besitzerin eines Hauses samt Schneiderei zu sein, allerdings geht mit diesem Erbe sehr viel Schmerz und Unruhe einher. Zum einen, weil sich Susanne von einer lieben Freundin verabschieden muss. Zum anderen, weil sie ihre Komfortzone – ihr bisheriges Leben mit Freunden und Verwandten – verlassen muss, um von München nach Seelhausen in die Eifel zu ziehen. Was einem kleinen Kulturschock gleich kommt.
Ein lebendiges Erbe und ungeahnte Möglichkeiten
In Seelhausen kann Susanne endlich ihre Kreativität und ihre Leidenschaft für Mode ausleben und ihren Traum von einer eigenen Kollektion verwirklichen. Jedoch ist das Leben in ihrer neuen Heimat auch mit Umständen verbunden, die Susanne wieder mit tief sitzenden Ängsten und Sehnsüchten konfrontieren. Zum Glück hat sie nun einen treuen, pelzigen Begleiter an ihrer Seite, der ihr oft Trost spendet – Marlenes Kater Eddie.
„Marlenes Erbe“ ist jedoch nicht nur eine Geschichte über einen unerwarteten Neuanfang. Zeitweise war ich mir beim Lesen nicht sicher, in welche Richtung sich dieses Buch entwickelt. Ist es eine Darstellung von Susannes Persönlichkeit in allen ihren Facetten oder gar ein Krimi, weil Marlenes Unfalltod nicht gänzlich aufgeklärt wurde? Oder entwickelt sich das Ganze zu einer Liebesgeschichte? Denn auch Seelhausen hat interessante männliche Einwohner. Unterm Strich kann man sagen, dass dieses Buch einfach eine große, bunte und interessante Palette für den Leser bereithält.
Von getroffenen Entscheidungen und ihren Folgen
Ich muss gestehen, dass ich mir an Susanne und ihren Selbstzweifeln oft die Zähne ausgebissen habe. Sie ist kein gefälliger Charakter, den ich sofort ins Herz geschlossen habe. Dies geschah erst nach und nach. Susanne ist ein Mensch, der für jeden da ist und darüber vergisst, für sich selbst zu sorgen. Also auch der Typ Mensch, der immer bei getroffenen Entscheidungen einknickt, weil es anderen damit nicht gut gehen könnte. Doch im Laufe der Kapitel entwickelt sie Stärke und erkennt, dass es manchmal besser ist, einen klaren Schlussstrich zu ziehen.
Besonders gerne habe ich die Episoden gelesen, in denen Susanne ihrer Leidenschaft nachgeht – obgleich ich keine Ahnung habe, wie man so näht und schneidert, dass etwas Tragbares dabei entsteht. Diese Szenen werden von der Autorin so wunderbar und eindruckvoll beschrieben, dass man selbst Lust bekommt, sich eine Nähmaschine zu kaufen, um selbst kreativ zu werden.
Ina Raki erzählt in ihrem neuen Roman „Marlenes Erbe“ davon, dass jedes Ende auch ein Neubeginn sein kann. Und davon, dass es sehr wichtig ist, für sich zu sorgen und an sich zu glauben. Auch, dass es Zeitverschwendung ist, darüber zu sinnieren, was andere über einen denken. Man sollte lieber leben… Und das mit allen Sinnen.
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Marlenes Erbe von Ina Raki
Taschenbuch : 320 Seiten
Herausgeber : tredition
Erscheinungtermin: 1. Dezember 2020
ISBN-13 : 978-3347205598