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An besonders stressigen Tagen in meinem Alltag lasse ich mich gerne in fremde Welten entführen, um darin zu versinken und alles um mich herum zu vergessen. Jedoch schaffen es nicht viele Autoren, mich mit ihren Weltentwürfen zu überzeugen. Einer Autorin gelingt dies hingegen immer: Nina Blazon. Denn ihre Geschichten sind absolut greifbar und stimmig. Blazon erschafft atemberaubende Kulissen, die so unfassbar lebendig wirken und mich immer wieder faszinieren und buchstäblich in die Handlung eintauchen lassen. In ihrem neuen Werk „Der Winter der schwarzen Rosen“, entführt sie mich in eine sehr stimmungsvolle und magische Welt, die von dunklen Mächten regiert wird.
Die Geschichte beginnt in dem Heimatland der beiden literarischen Hauptfiguren – den Zwillingsschwestern Liljan und Tajann. In diesem Land war die Magie einst ein fester Bestandteil des Alltags eines jeden Bewohners. Doch nach einem blutigen Feldzug der dunklen Lady Jamala, die es seitdem mit eiserner Faust regiert, ist die Magie fast verschwunden, weil Jamala sie mit allen Mitteln bekämpft. Die Furcht einflößende Jamala kleidet sich mit dunklen Roben, an denen sie Knochen von ihren besiegten Feinden zur Schau stellt. Wer diese Warnung ignoriert und sich ihr widersetzt, wird lebendig verbannt. Möglichst so, dass ein jeder es sehen kann. Aber auch Jamala hat nach ihrer Eroberung mit vielen Schwierigkeiten zu kämpfen, weil alte Sitten und Gebräuche sich nicht einfach verbrennen lassen. Auch die Zwillingsschwestern sind mit den Gesetzen der launischen Lady aufgewachsen und haben gelernt, sie zu befolgen oder ihre Taten gut zu verstecken. Als Erstgeborene muss Liljan ein besonderes Schicksal erfüllen und darf, wenn sie das Elternhaus mit siebzehn Jahren verlassen hat, nie wieder zurückkehren. Liljans Schwester Tajann ist als Zweitgeborene ein Kind der Freiheit und darf ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen. Während Liljan große Furcht davor hat, ihr Elternhaus für immer zu verlassen, kann Tajann es kaum erwarten, dass es endlich so weit ist. Denn dann ist sie frei und kann ihre großen Träume verwirklichen.
Die Handlung ist in fünf Teile gegliedert und wird abwechselnd je aus der Sichtweise von Tajann und Liljan erzählt. Obwohl man Zwillingsschwestern eine sehr enge Bindung nachsagt, trifft dies bei Tajann und Liljan nicht zu. Im Vergleich sind sie eher wie Feuer und Wasser. Die Erstgeborene Liljan führt ein sehr stilles und zurückhaltendes Leben in dem Haus ihres Vaters, um ihr Geheimnis zu hüten, das ihr den Tod bescheren könnte. Dafür besitzt Tajann ein sehr wildes und eigensinniges Wesen. Um ein Leben nach ihren eigenen Vorstellungen zu führen, würde sie einiges aufs Spiel setzen. Womöglich sogar das Leben ihrer Schwester.
In dem Buch „Der dunkle Kuss der Sterne“ von Nina Blazon, habe ich ein Zitat gefunden, das zu jeder Geschichte aus der Feder dieser außergewöhnlichen Autorin passt: „Manchmal ist das, was man sieht, nicht die einzige Wirklichkeit.“ Auch wenn ihre Bücher sich mit vielen unterschiedlichen Themen beschäftigen und gekonnt Realität und Fiktion miteinander vermischen, so haben sie doch eins gemeinsam: Der Leser muss auf alles gefasst sein und darf sich nie zu sicher mit den literarischen Figuren sein. Denn Nina Blazon führt ihre Leser auf viele dunkle Wege in ein ungewisses, immer wieder überraschendes und spannendes Abenteuer.
Die alles verändernden und dramatischen Ereignisse, die Nina Blazon in jede ihrer Geschichten einbaut, lassen in „Der Winter der schwarzen Rosen“ jedoch etwas auf sich warten. Was für mich ein purer Genuss war, denn ich spürte es zwischen den Zeilen knistern und ahnte, dass etwas Unberechenbares, etwas Böses zwischen den Kapiteln lauert, dass nur darauf wartet die gesamte Handlung auf den Kopf zu stellen, um mich eiskalt zu erwischen.
Blazon lockt den Leser mit einem bildgewaltigen und wunderschönen Schreibstil in ihre eigens kreierte und fantasievolle Welt – die keiner anderen gleicht – und verzaubert ihn mit interessanten und authentischen literarischen Figuren. Das komplexe, sehr stimmungsvolle und scharfsinnige Geschehen nimmt mit jeder Seite an Spannung zu und wird durch einige unvorhersehbare Wendungen bereichert.
Die Gesamtgestaltung ist dem cbt Verlag wieder einmal sehr gelungen. Neben dem wunderschönen Cover, dessen Motive sich auch immer wieder über den Kapiteln finden lassen, untermalt eine Landkarte die Geschichte, auch wenn sie dank des bildhaften Schreibstils Blazon für die Abhandlung nicht notwendig ist. Es ist vielmehr ein kleiner Bonus, der das Gesamtkonzept vervollständigt.
Nina Blazon hat in ihrer neuen Geschichte über Magie, Verrat und Liebe alles vereint, was ich an guten Geschichten liebe. Wer noch ein perfektes Weihnachtsgeschenk in Buchform sucht, sollte sich dieses Schmuckstück etwas genauer ansehen.