Esme (eigentlich
Esmeralda, aber das hört sich so gar nicht nach angehender
Journalistin an) ist wie immer auf der Suche nach brauchbaren Artikeln
für ihre Schülerzeitung, als sie eines Nachts auf dem örtlichen
Spielplatz einer
dänischen Kleinstadt zufällig Zeugin einiger mysteriöser
Aktivitäten wird, in denen eine brennende Brücke, ein Zwerg, ein
Zauberer und ein Dieb, sowie jede Menge ungelöster Rätsel eine
Rolle spielen. Also begibt Esme sich mit ihrem
Cousin und
Schülerzeitungsfotografen
Igor auf Verfolgungsjagd. Je
mehr sie über die mysteriösen Vorfälle erfährt, desto
mehr gerät
sie
in höchste
Gefahr…
Schibal! Was für ein
tolles Jugendbuch. Nicht nur in
puncto Erwachsenenkrimis
liegen die Skandinavier ganz oben
im Kurs. Das weiß man ja
spätestens
seit Astrid Lindgrens berühmter Detektivfigur Kalle Blomqvist.
Tatsächlich
hat die
Protagonistin Esme,
aus deren
Perspektive erzählt wird,
einiges
mit Kalle gemeinsam, denn beide Figuren
werden mit
viel
Respekt von
den jeweiligen Autoren in Szene gesetzt. Das ist
etwas, was
meiner
Meinung nach vielen
Kinderbüchern fehlt: Ein ernstzunehmender Umgang mit der
Zielgruppe.
Oft werden
in Romanen gewollt jugendliche
Sprechweisen an den Tag gelegt,
hochpubertäre Zickereien ausgebreitet und natürlich jede Menge
Träumereien der jungen Leser befriedigt, indem ihre realen
Wünsche in
der fiktiven Welt erfüllt werden: Da
gibt es als Identifikationsfigur den
Waisenjungen,
der eigentlich ein Zauberer ist und die Welt retten muss oder
das Mädchen, um das sich zwei attraktive Angehörige übernatürlicher
Spezies duellieren.
Oft
geht es dabei
darum der
Monotonie
zu entfliehen, indem den
alltagsüberdrüssigen Lesern eine Pforte zu einer anderen Welt
ermöglicht, so
dass sie jemand anderes, jemand
wichtiges
sein können.
Natürlich ist es
bei Esme & Igor
und Kalle Blomquist
in gewisser Weise auch so,
dass den Protagonisten etwas widerfährt,
was dem Leser noch lange nicht unterkommt (glaubt mir, ich habe als
Kind mit
voller Detektivausrüstung tagelang Ausschau nach Verbrechern
gehalten: man entdeckt einfach keine, es
passiert nichts).
Aber es gibt einen großen Unterschied: Das
Geschehen
bleibt realistisch –
und damit meine ich nicht den fehlenden Fantasybezug.
Tatsächlich ist die Handlung von Esme & Igor so realistisch,
dass – denkt man sich das Verbrechen einmal weg – alles genauso
passieren könnte. Denn Esme ist weder besonders verunsichert, noch
besonders ungewöhnlich. Sie ist ein ganz
normales Mädchen,
dass sich mit voller Inbrunst ihrem Schülerzeitungshobby widmet. Und
ihr Cousin Igor ist ein Computernerd mit einem guten Herzen, der
seine oftmals nervige (und
für sein Equipment zuweilen gefährliche)
Cousine unterstützt, wo er nur kann. Beide haben Macken und
Eigenarten, die so sympathisch sind, dass man dazugehören möchte –
nicht aber zwangsläufig tauschen will.
Zukunftsträume, Ängste
und Neigungen werden
also
„kindgerecht“, aber nicht herabwürdigend behandelt. Es macht
Spaß mit der Protagonistin die
Verfolgung
aufzunehmen, denn Esme
ist witzig, unternehmungslustig und wirklich clever. Sie versteht es,
dem Leser ein Stück Kindheit zurückzubringen, das im
Erwachsenenalltag verloren gegangen
ist. Was
waren das für Zeiten, als der Tag noch nicht mit Organisatorischem
durchstrukturiert war
und für jede Verpflichtung und jedes Hobby
ein Zeitfenster festgelegt sein musste. Als man sich seinen Passionen
hingeben
konnte, weil die ganze Zukunft vor einem
lag und die
eigenen Überzeugungen nicht vielfach reflektiert
und
zugunsten realistischer Einschätzungen über Bord geschmissen werden
mussten.
Astrid
Lindgren hat einmal
gesagt, dass sie nicht für Erwachsene schriebe,
sondern für Kinder. Zwar dürften Erwachsene ihre Bücher lesen,
aber geschrieben sind sie eben für eine andere Zielgruppe. Ich
finde, dass man ihren Büchern das anmerkt und
denke, dass das der Grund ist,
weswegen Kinder sich von ihr ernst
genommen
fühlen und Erwachsene beim Lesen ihrer
Geschichten wieder
zu Kindern werden. Dieses Gefühl versteht
auch Bodil
El Jørgensen zu
vermitteln und dafür möchte ich sie am
liebsten drücken.
Mein Fazit: Großartig
– endlich wieder ein Kinderbuch mit richtig, richtig tollen
Detektivfiguren – aufgeweckt, intelligent, frech, spannend. Ich
möchte bitte
mehr davon!
Was ist mit euch, lest
ihr gerne ab und zu Kinderbücher? Und habt ihr auch früher die
Astrid Lindgren-Romane verschlungen – oder die Verfilmungen
geschaut? Was macht für euch eine gute Detektivfigur aus? Wir freuen uns über eure Antworten und Kommentare!
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Folgende Links kennzeichne ich gemäß § 2 Nr. 5 TMG als Werbung
Die dritte Stunde nach Mitternacht – Ein Fall für Esme & Igor von Bodil El Jørgensen
Hardcover: 176 Seiten
Verlag: Thienemann
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Erscheinungsdatum: 21. Februar 2012
ISBN: 978-3522182898
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