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Es ist Sommerzeit! Und das heißt lesetechnisch für mich: CYA-Zeit! Und zwar im weitesten Sinn, d. h. alle lockerleichten Geschichten mit Menschen, die sommerlich herumreisen oder turteltäuben werden von mir verschlungen, bis ich dann ab Anfang des Spätsommers auch schon wieder nach Halloweenliteratur für meine lieben kleinen Kürbisgeister (ich meine euch – ich habe noch keinen eigenen!) umschauen darf. Da meine Liebe zur CYA-Literatur im Gegensatz zu der zu Horrorliteratur geradezu jungfräulich ist, habe ich noch gar keine rechten Favoriten und freue mich über jegliche Tipps. Als zuverlässige Buchdealer haben sich diesbezüglich Ina und Jan herauskristallisiert, deren Tipps ich bisher allesamt lesenswert fand. Einen davon möchte ich euch heute näher vorstellen – obwohl sowohl Ina als auch Jan das auch schon sehr schön gemacht haben.
Auf den Inhalt möchte ich außnahmsweise nur ganz kurz eingehen, weil der Klappentext nicht so viel verrät – und jedes darüber hinausgehende Wort von mir schlimm gespoilert wäre. Also nur soviel: Zwei Freunde, Axi und Robinson, hauen von zuhause ab, hauptsächlich vermeintlich weil Axi dem miefigen amerikanischen Kleinstadtleben und der maroden Familiensituation entkommen möchte. Sie planen einen Road Trip quer durch die USA und weil Robinson draufgängerischer ist als die brave Axi, reisen sie nicht mit Greyhoundbus, sondern per gestohlenem Diebesgut – einer Harley, einem Truck, einem Sportwagen – was einem eben so unterkommt.
Als ich den Klappentext las, dachte ich, dass es sich bei der erwähnten „gestohlenen Harley“ um so eine Floskel handelt, hinter der steckt, dass Axi und Robinson in wahrhaft das Motorrad von seinem Opa nehmen oder so. Aber nein, es ist wirklich eine fremde Harley, die sie einfach mal klauen, weil Robinson praktischerweise immer eine kleine handliche Bohrmaschine für die Westentasche dabei hat. Als mir diese Tatsache beim Lesen bewusst wurde, habe ich zwar nicht die moralische Keule ausgepackt – aber so ganz überzeugt war ich von dem „Bonnie und Clyde“-Flair auch nicht. Nicht nur, dass mir der Wechsel von brav zu Schwerverbrecher nicht ganz realistisch erschien – ebenso wenig wie das Durchkommen damit. Zusätzlich aber schienen diese Handlungen nicht besonders zur Entwicklung der Geschichte beizutragen. Die Reise von Axi und Robinson wäre im Greyhoundbus, per Anhalter oder mit dem Zug bestimmt ebenso aufregend und legendär geworden.
Achtung, ab hier Spoiler (wenn man sich den Inhalt zusammenreimt)!
Diese etwas überzogende und unrealistische Art des Erzählens hängt auch mit meinem zweiten Kritikpunkt zuasmmen: der ernsten Ebene. Ich habe über den mir bis dato unbekannten (Bestseller-)Autor James Patterson recherchiert und festgestellt, dass ihm oft der Vorwurf des „Fließband-Schreibens“ gemacht wird. Er beschäftigt anscheinend mehrere Coworker, die für ihn die Storys raushauen, ändert ihre Storys dann nach seinem Gusto ab und veröffentlicht sie unter seinem Namen. Nach seiner eigenen Aussage unterstützt er damit Newcomer in ihrem Lernprozess und macht gleichzeitig seine Fans mit der Quantität seiner Bücher glücklich. Ob dies tatsächlich so geschieht – und, falls ja, ob die Qualität dann wirklich gut ist und der Prozess obendrein ethisch vertretbar, sei dahingestellt. Interessant finde ich hierbei, dass sich mir beim Lesen von „Heart. Beat. Love“ der Eindruck aufdrängte, die Handlung würde nach einem „Erfolgsrezept“ gestrickt werden, das die Geschichte zwar tatsächlich erfolgreich macht – sie aber auch etwas konstruiert wirken lässt, ohne ein gewisses Extra. Die ernste Story beispielsweise wirkte viel zu gewollt, angelehnt an John Greens „The Fault in Our Stars“. Bietet die Freundschaft zweier Jugendlicher, die sich während einer gemeinsamen Reise verlieben nicht genug Stoff? Muss jetzt überall noch der Krebstod-Stempel draufgedrückt werden? Meiner Meinung nach verlieh dieser Handlungsstrang der Geschichte nicht mehr, sondern sogar weniger Tiefgang, denn die Figuren – Hintergrund, Gedanken, charakterliche Entwicklung – traten mit zunemend geschwollener Tragik in den Hintergrund und blieben mir insgesamt zu blass – auch wenn ihre Geschichte durchaus berührend ist.
Alle anderen Zutaten der Geschichte sind ebenso klischeehaft wie unterhaltsam: perfekter Evereybodys-Darling Typ verhilft bravem Mädel zu Selbstbewusstsein. Lockerleichter Schreibstil, kurze Kapitel, nette Fotos als kleines Gimmick. Die Bilder hätten meines Erachtens noch genauer den Text widerspiegeln dürfen: der abgebildete Hund entsprach nicht der Beschreibung, die Haare von Axi sind für eine nicht lang zurückliegende Chemo viel zu lang… naja.
Insgesamt ist „Heart. Beat. Love“ eine kurzweilige und – vor allem für CYA- und USA-Liebhaber – empfehlenswerte Lektüre, reicht aber nie und nimmer an die Originale heran, von deren Ideen sie teilweise abkupfert. Wer eine wirklich tragische Liebesgeschichte lesen will, liest besser „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“ und wer viel von den USA erleben will, geht lieber mit Amy und Roger „On the Summer Road“. Aber wer diese Bücher schon kennt und nicht ganz so bewegende, aber kurzweilig-schöne Unterhaltung sucht, der ist mit „Axi und Robinson“ hervorragend beraten.
„Heart. Beat. Love“ von James Patterson und Emily Raymond
Originaltitel: First Love
Hardcover: 320 Seiten
Altersempfehlung: ab 14 Jahren
Erscheinungsdatum: 1. April 2015
Verlag: DTV
ISBN: 978-3-423-76107-9
Vielen Dank für die Blumen, auch wenn dich das Buch dann letzten Endes nicht wirklich überzeugen konnte, aber mir ging es ja in gewissen Punkten ganz ähnlich :-/
Das mit den Coautoren war mir bis dato völlig unbekannt, was aber auch daran liegen könnte, das sich James Patterson sonst ja eher in einem Genre bewegt mit dem ich wenig bis gar nix anfangen kann. Irgendwie hat mir die Tatsache, das er sich quasi "mit fremden Feder schmückt" ihn mir jetzt ein bisschen unsympathisch gemacht 😛 Also werd ich wohl auch weiterhin keine Freundin seiner Romane werden.
Ich hoffe all meine anderen Tipps überzeugen dich ein bisschen mehr 😉
Liebe Grüße Ina
Huch, da komme ich jetzt erst zum Antworten – sowas, pff!
Mir geht es da ganz genau wie dir – richtig warm werde ich nicht mit diesem Autor – aber dafür gibt es ja genug andere zum Glück. Und deine anderen Tipps waren bis jetzt goldrichtig – Together Forever war toll (auch wenn ich den Originaltitel ja mal sowas von besser finde)!
LG