„Die Mississippi-Bande. Wie wir mit drei Dollar reich wurden.“ von Davide Morosinotto, Hörbuch
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Jane Austen hat sinngemäß einmal geschrieben: Ein gutes Buch
ist immer zu kurz! Und so ist es. Die richtig guten Geschichten möchte man
nicht gehen lassen. Man möchte nie wieder aus ihnen auftauchen. Man möchte sie
festhalten und in ihnen verweilen.
Dass dieses Gefühl ein einfaches
Kinderbuch bei mir auslöst, ist äußerst selten und wohl seit Harry Potter nicht
mehr vorgekommen. Als ich jedoch die letzten Minuten von „Die Mississippi-Bande.Wie wir mit drei Dollar reich wurden.“ von Davide
Morosinotto gehört hatte, war ich ohne Übertreibung todtraurig. Ich hatte
keine Lust irgendetwas anderes zu hören oder zu lesen. Ich wollte am Bayou
bleiben, am Mississippi, im Chicago der Jahrhundertwende. Dieses Buch hat mich absolut begeistert. Ein Jahreshighlight, schon jetzt! Das Buch ist mit so viel Respekt, Einfühlungsvermögen, Geduld und Herzblut geschrieben, mit so viel Talent für das richtige Maß, so viel Gespür für das kindliche Bedürfnis nach echten Abenteuern. Dieses Buch ist einfach TOLL! Spannend und authentisch, nie kitschig oder pädagogisierend. Für mich eines der größten Abenteuer seit Tom Sawyer, Huck Finn und Kalle Blomquist.


Dabei war ich anfangs sogar etwas skeptisch. In einigen Bewertungen las ich, dass manche Probleme hatten, sich in die Zeit um 1900, in die Orte und die französischen Namen einzufinden. All das kann ich nicht bestätigen. Ich war von Anfang an in den Sümpfen am Bayou. Mit dem übermütigen Peter (genannt Te Trois), dem klugen Eddie, der mutigen Julie (genannt Joju) und dem kleinen, stillen, dunkelhäutigen Francis (genannt Tit).

Die Vier finden eines Tages eine alte Blechbüchse und darin drei Dollar. Ein Vermögen für die Kinder. Und sie beschließen etwas ganz Besonderes damit anzufangen. Aus dem Versandhauskatalog der Firma Walker & Dawn bestellen sie sich eine Pistole. Eine echte Pistole! Die dann leider nie ankommt. Stattdessen erhalten die vier Freunde einige Zeit später ein Päckchen mit einer alten, kaputten Uhr. Was für eine Enttäuschung! Irgendetwas ist da schief gegangen. Als kurz darauf ein seltsamer Mann auftaucht und den Kindern sehr viel Geld für die Uhr anbietet, beschleicht sie jedoch die Vermutung, dass hinter all dem eine richtig große Sache stecken könnte. Sie machen sich auf den Weg vom Bayou nach Chicago – für Ruhm und Abenteuer und um eines der größten Rätsel aller Zeiten zu lösen.

Die Geschichte entfaltet sich wie eine Landkarte. Sie entwickelt sich von diesem kleinen, winzigen Punkt, einem einfachen, drückend schwülen Tag in den Sümpfen nahe des Mississippi, hin zu einem großen Kriminalfall und einem Road- bzw. Boattrip, der konstant spannend ist. Es gab keine Längen, es gab keine Langeweile. Und es gab nie, wirklich niemals eine Szene, die ich diesem Buch nicht abnehmen konnte. Denn egal, in welche Schwierigkeiten oder unglaubliche Vorkommnisse die Freunde sich verstrickten, der Autor bereitet jede Wendung außerordentlich detailreich, sorgsam und absolut authentisch vor. Dabei verschleiert er – und das macht dieses Abenteuer so glaubwürdig – nicht die harten Seiten der Welt: Weder verklärt er das Leben der Kinder zu damaliger Zeit, noch heuchelt er, dass alle Menschen es immer nur gut meinen könnten.

Spielerisch, wie nebenbei, fängt Morosinotto das historische Flair von Amerika zur Zeit der Jahrhundertwende ein. Rassismus, ländliche Armut, Industrialisierung, der Ausbau des Schienennetzes und der Untergang der Indianerkulturen – alle diese Motive flattern durch die Geschichte und machen sie damit nicht nur für Kinder hörens- und lesenswert, sondern auch für Mama, Papa, Onkel, Tante. Dieses Buch zählt für mich zu jenen literarischen Schätzen, die keinen Halt vor einer Altersgrenze machen.

Die Handlung verläuft anhand der Achse des Buches, der warmherzigen Zeichnung der Protagonisten, die wir innerhalb von vier Perspektivwechseln – Te Trois, Eddie, Julie und Tit – kennen- und verstehen lernen dürfen. Ich habe sie alle geliebt! Das hatte ich zu Beginn der Lesung – da bin ich ehrlich – nicht unbedingt erwartet. Vor allem an die sehr forsche Stimme von Te Trois musste ich mich erst gewöhnen. Lässt man sich auf das Buch ein, stellt sich aber schnell heraus, dass jeder Sprecher mit einem fast schon unheimlichen Gespür für Charakteristika ausgewählt und besetzt wurde.

Am Ende stellt sich mir eigentlich nur eine einzige Frage: Warum haben wir von diesem Autor bislang noch nichts gehört? In Italien sind mehr als 30 Kinder- und Jugendbücher von ihm erschienen. Warum wurden sie bisher nicht ins Deutsche übersetzt? Kann das mal bitte ganz schnell jemand ändern? DAVIDE MOROSINOTTO. Groß und zum Mitschreiben. Von diesem Autor möchte man mehr lesen!

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Die Mississippi-Bande. Wie wir mit drei Dollar reich wurden. von Davide Morosinotto 
Originaltitel: Il rinomato catalogo Walker & Dawn
Übersetzer: 

Cornelia Panzacchi 
1 MP3 CD: 7h 8 (Gekürzte Lesung)
Verlag: cbj audio
Erscheinungstermin: 23. Januar 2017 
ISBN: 978-3837138245 
Vom Hersteller empfohlenes Alter: Ab 10 Jahren

3 Replies to “[Rezension] „Die Mississippi-Bande. Wie wir mit drei Dollar reich wurden.“ von Davide Morosinotto

  1. Jau, alles klar. Bei uns zuhause hat das Hörbuch zu Begeisterungsstürmen geführt, verschenkt haben wir das Buch inzwischen auch erfolgreich. Ich find's klasse, dass hier mal keine Pappfiguren durch die Geschichte geistern, sondern "echte" Menschen, dass sich mal jemand Zeit nimmt zu erzählen und Kindern auch zutraut, sich mit ernsteren Themen zu beschäftigen. Mischung aus Abenteuer und Historie, für uns sehr gelungen und von den Sprechern toll gelesen. LG

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