
Maureen Johnson ist eine dieser Autorinnen, bei der ich blind zugreife, weil sie mich noch nie enttäuscht hat. „Death at Morning House“ heißt ihr neues Buch und ist ein Einzelband. Glücklicherweise. Denn die Geschichte weist im Vergleich zu den meisten Dilogien, Trilogien etc. keinerlei Längen, keine unnötigen Nebenhandlungen oder überspanntes Teenie-Drama auf. Es ist ein richtig guter, noch dazu überraschend vielschichtiger Jugendkrimi.
Die Handlungsstruktur erinnert an Johnsons Ellingham-Bücher: Auf zwei Zeitebenen entfalten sich mehrere sorgsam durchdachte Rätsel. Zum einen geht es um eine sonderbare Familie Anfang der 1930er Jahre. Vater Phillip Ralston ist Anhänger der nationalsozialistischen Theorie der „Rassenhygiene“ und Gesundheitsfanatiker. Die Sommerurlaube verbringt er mit der Familie – Frau, Schwester, sechs pubertierende Adoptivkinder und der vierjährige leibliche Sohn Max – in Morning House, einem herrschaftlichen Anwesen auf einer Flussinsel. Eines Tages, das erfahren wir gleich zu Beginn, kommt es zu einem Unglück, bei dem zwei der Kinder sterben.
Morning-House-Mystery auf zwei Ebenen
In der Gegenwart begleiten wir Marlowe: Sie ist jung, lesbisch und fackelt aus Versehen das Haus ihrer Nachbarn ab. Da kommt ein Angebot zur rechten Zeit: Als Touri-Guide darf sie mit anderen Jugendlichen während der Sommerferien Morning House besuchen, das für eine Saison der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. Nichtsahnend, dass Morning House rätselhafte Todesfälle anzieht wie das Licht die Motten, reist Marlowe an.
Viel mehr möchte ich nicht verraten. Ich habe das Buch an nur zwei Tagen und bis in die Nächte hinein gelesen. Vor allem die Rückblenden in den Alltag der Familie Ralston waren enorm intensiv. Mehrfach hat mich die Autorin überrascht, indem sie nicht den erwartbaren Weg eingeschlagen hat. Die ganze Zeit habe ich geknobelt, wie hier alles zusammenpasst.
Tiefgang und humor
Die recht finstere Auflösung der historischen Todesfälle traut der Zielgruppe ab 14 Jahren einiges zu. Gleichzeitig ist das Buch durch seine Cluedo-Vibes und Marlowes Background (unglücklich verliebt, Haus abgefackelt) leicht und amüsant. Einzige Kritik: Marlowe hätte als Hauptfigur meinem Empfinden nach noch mehr Persönlichkeit mitbringen können. So richtig greifen konnte ich sie oft nicht. Aber ich möchte nicht kleinlich sein.
„Morning House“ ist ein fabelhaftes Krimi-Puzzle, hintergründig und humorvoll, und wohl mein Jahreshighlight 2025.
Erscheinungstermin ist der 26. August.
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„Death at Morning House“ von Maureen Johnson
Original: Death at Morning House
Übersetzung: Henriette Zeltner-Shane
Verlag: Dragonfly
Erscheinungstermin: 26. August 2025
Taschenbuch: 400 Seiten
ISBN: 978-3748802853
Empfohlenes Lesealter: ab 14 Jahren