"Saint Lupin’s Academy. Zutritt nur für echte Abenteurer!" von Wade Albert White
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Heute wird’s skurril. Was habe ich da eigentlich gelesen? Ein gedrucktes Computerspiel? Ein Rollenspiel? Douglas Adams für Kleine? Ritter Rost für Große? In der letzten Woche war ich zu Gast in der „Saint Lupin’s Academy. Zutritt nur für echte Abenteurer!“ – ein ganz schön verrücktes Buch. Absurd, rasant und sehr sehr witzig.

Die Welt, wie wir sie kennen, gibt es nicht mehr. Statt eines runden Planeten existieren verschiedene Ebenen, von denen man herunterfallen oder auf die man hinauf katapultiert werden kann. Auf einer dieser Ebenen befindet sich das triste Waisenhaus Saint Lupins, das von einer hartherzigen Oberin geleitet wird, die Kinder in Bergwerken schuften lässt. Für die 13jährige Anne Anvil und ihre Freundin Penelope ergibt sich unerwartet die Chance von diesem Ort zu entkommen, als sie von der Direktorin einer Abenteuerakademie angeworben werden und sich bald darauf gemeinsam mit dem Jungen Hiro auf ihre erste Mission begeben. Eine Prophezeiung soll erfüllt werden. Und Anne hat die Hoffnung, hierbei auch etwas über ihre eigene, unbekannte Vergangenheit zu erfahren.

Sandwölfe, Zombiehaie, Navigations-Sperlinge, Echsendrachenhunde, Roboter. Wade Albert White hat anscheinend alle (Alb-)Träume seiner Kindheit in seinem Debüt untergebracht. Es passiert unfassbar viel in diesem Buch. Es wimmelt von verrückten Ideen, für die man leider kaum genug Zeit erhält, sie angemessen zu bestaunen, da man gemeinsam mit den drei Helden von einem Schlamassel in den nächsten geschickt und mit Aktion buchstäblich überschüttet wird. Ruhige Passage gibt es wenige und entsprechend kommen die Charaktere auch zu kurz. Die drei Helden bleiben bedauerlicherweise blass und die vielen kuriosen Einfälle sind teilweise verwirrend. Was nichts daran ändert, dass die Geschichte definitiv besonders ist. 
White jongliert mit bekannten Motiven aus (Kinder-)Geschichten, baut Kampfszenen, Explosionen, bedrohliche Wesenheiten und Items ein, die an Computerspiele angelehnt sind und die Charaktere von einem Level bzw. einer Ebene zur nächsten führen. Alles sehr kindgerecht und mit Appellen zu Mut und Freundschaft, unterlegt mit einem großartig trockenen Humor. Besonders witzig sind die Auszüge aus verschiedenen Regelwerken, die den Kapiteln vorangestellt sind. Seitenweise habe ich mich einfach durch das Buch gekichert. Die ironische und sich selbst hinterfragende Schreibweise ist genial und erinnert mehr als einmal an Lemony Snickets „Betrübliche Ereignisse“ oder auch an William Goldmans „Die Brautprinzessin“. Einige meiner absoluten Lieblingsbücher! Der Humor traf bei mir exakt ins Schwarze.

Für Kinder ab 10 Jahren sind allerdings einige Begriffe anspruchsvoll und könnten (trotz kurzer Erklärungen) zu Fragezeichen in den Augen führen. Klischees, Antagonisten, Deus-Ex-Machina. Termini aus der Welt der Literatur, anhand derer White augenzwinkernd seine eigene Geschichte auf den Prüfstand bringt. Ein Beispiel: Habe ich gerade noch gedacht, dass die Handlung insgesamt ziemlich überfrachtet ist, da kommt der Autor mit einer Stelle wie dieser um die Ecke:

„So viele Handlungsstränge, und alle wollen deine ungeteilte Aufmerksamkeit. Um ehrlich zu sein, war das ein bisschen viel auf einmal. In der Einfachheit liegt die Eleganz.“

Wenn der Autor sich schon selbst auf die Schippe nimmt, sollte man als Leser wohl nicht alles so genau nehmen. Andererseits ändert Whites kleiner Scherz auf eigene Kosten nichts daran, dass dieses Abenteuer tatsächlich etwas überladen wirkt. Vor allem in der zweiten Hälfte bewirken das hohe Tempo und der reiche Ideenschatz zugleich eine gewisse Oberflächlichkeit. Häufig fehlten mir Beschreibungen, um mir alles bildhaft vorstellen zu können und ich fand es sehr schade, dass ich über die sympathischen jungen Charaktere nur wenig erfahren durfte. So habe ich mich größtenteils von Szene zu Szene gelacht, ohne wirklich in die Geschichte abtauchen zu können.

Man sollte auch nicht den Anspruch haben, am Ende alles verstanden zu haben. „Saint Lupin’s Academy. Eintritt nur für Abenteurer!“ von Wade Albert White ist ein Reihenauftakt, der zwar einen guten Abschluss findet, geklärt wird hier am Ende aber leider gar nichts. Die Rätsel um das Waisenkind Anne Anvil, ihre Herkunft und das Geheimnis der „Scheibenwelt“ verlagern sich weiter ins nächste Buch. Und wenn man den Autor beim Wort nehmen darf, wird dieses dann (Zitat) „schon sehr viel geradliniger verlaufen.“ Ich bin gespannt!

Fazit: Ein vielversprechender, kreativer, sehr witziger Reihenauftakt, der mit seinen vielen absurden Ideen etwas überladen und fahrig wirkt. Für die Zielgruppe trotzdem ein tolles, mal etwas anderes Abenteuer.

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Saint Lupin’s Academy. Zutritt nur für echte Abenteurer! von Wade Albert White
Originaltitel: The Adventureer’s Guide to Successful Escapes
Reihe: Band 1
Übersetzung: Ulrike Köbele
Gebundene Ausgabe: 384 Seiten
Erscheinungsdatum: 16.02.2017
Verlag: Planet!
ISBN: 978-3522505437
Vom Hersteller empfohlenes Alter: 10 – 12 Jahre

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