Autorin – Pauline Keller –, die mir ihr neues Buch ans Herz gelegt hat und mich
bat, es zu lesen und zu rezensieren. Obwohl ich den Autoren in der letzten Zeit
grundsätzlich wegen Zeitmangels abgesagt habe, machte ich hier eine Ausnahme.
Allein ihre Anfrage hat mich so neugierig auf ihr Buch „Die Luft da oben“
gemacht, dass ich kurzerhand zugesagt und gelesen habe. Zugegeben, die kurze Zusammenfassung
klang erst einmal etwas verwirrend, doch schon nach ein paar gelesenen Seiten
wusste ich, dass diese Geschichte einiges für den Leser bereithält.
Das bunte und fröhliche Cover täuscht auf den ersten Blick ein
wenig über die Geschehnisse in der Abhandlung hinweg und lässt eher auf einen lustigen
Schmöker schließen. Denn richtig lustig wird es für Lena eigentlich nie, jedoch
passt es sehr gut zu ihrem nicht vorhandenen Selbstbewusstsein im Bezug auf
ihre Körpergröße.
Wer bin ich? Was will ich? Worin bin ich gut? Diese drei
Fragen beschäftigen Lena schon eine ganze Weile, denn nach ihrem Studium weiß
sie nicht mehr, was sie mit ihrem Abschluss anfangen soll. Soll sie dem
Drängen ihrer Eltern nachgeben und das nächstbeste Jobangebot ihres verhassten
Schwagers Manfred annehmen, um diese zu besänftigen? Doch genauso läuft es bis
jetzt immer in ihrem Leben: Lena tat das, was andere für richtig hielten. Insbesondere ihre Eltern vergleichen sie gerne mit anderen und egal wie viel Mühe Lena sich auch macht, es ist nie ausreichend.
In einem einnehmenden Stil erzählt Pauline Keller die geistvolle
Geschichte einer Außenseiterin, die von Menschen umgeben ist, die ihr alles
andere als gut tun. Die Menschen, die sie überwiegend ihr ganzes Leben begleiten,
haben deutliche Spuren auf Lenas Seele hinterlassen und sie geprägt. Für mich
war es sehr aufschlussreich durch Lenas Geschichte zu erfahren, wie wir Menschen
uns von anderen leiten lassen, ohne einige Dinge zu hinterfragen. Aber auch wie
intensive Erlebnisse den Charakter formen. Während des Lesens kamen bei mir
einige Fragen auf, weil Lena ein sehr konträres Leben zu meinem führt. Fragen
wie: Warum umgibt sie sich immer mit denselben Menschen? Wieso lässt sie sich in ihr Leben reinreden? Warum hat sie so große Angst davor Menschen zu
verlieren, die ihr nicht gut tun? Fragen über Fragen … Lena hat sie mir nach
und nach beantwortet, wenn auch nicht immer zufriedenstellend.
Die Protagonistin Lena war eine harte Nuss, die ich erst mit einiger Mühe
geknackt habe. Nach den ersten 30 Seiten musste ich sogar eine kleine Pause
einlegen, weil mich die leicht depressive Stimmung und die schwierigen Charaktere,
die um Lena agieren, fast erdrückt haben. Nach 50 Seiten hatte ich dann meinen
ersten Gefühlsausbruch und ich hätte Lena am liebsten höchstpersönlich aus dem
Buch gezerrt und ihr eine Standpauke gehalten, dass sie sich doch bitte nicht
alles gefallen lassen soll und besonders ihren enervierenden Eltern endlich
einmal die Meinung sagen soll. Aber Lena war noch nicht so weit. Sie sollte
erst noch ein paar andere, für mich sehr unterhaltsame Dinge erleben, die ihr
nach und nach zeigen, wer sie selbst ist und wer ihr wahrer und unsichtbarer
Gegner ist: sie selbst. Besonders Lenas Rückblicke in ihre Vergangenheit ließen mich verstehen, wie sie zu dem Menschen wurde, der sie heute ist und sich lieber mit anderen Personen beschäftigt, als mit sich selbst. Am Ende versöhnte ich mich mit ihr und konnte zufrieden das Buch schließen.
„Die Luft da oben“ von Pauline Keller ist keine Geschichte
für zwischendurch. Die interessante Charakterstudie einer jungen Frau, die den
Sinn ihres Lebens sucht und dabei zu sich selbst findet, braucht konsequente
Leser, die etwas anderes lesen wollen als kurzweilige und unbedeutende
Romane.
Hm, also das Cover spricht mich nicht so an, diplomatisch ausgedrückt. 😉
Hat die Giraffe etwas mit der Geschichte zu tun?
Man sollte es eher als eine Art Metapher verstehen. Die literarische Hauptfigur ist ziemlich groß und musste sich in ihrem Leben allerhand dumme Sprüche anhören a la: Kannst ja aus der Dachrinne saufen…Wie ist die Luft da oben?
LG