"Das Dorf in der Marsch. Hinterm Deich Krimi" von Hannes Nygaard, Krimi
Copyright: Emons
Hannes
Nygaards Krimi spielt, so der Untertitel, hinterm Deich. Mit diesem Kriminalroman liegt ein weiterer Band der Erfolgsserie vor, in der
Hauptkommissar Christoph Johannes und Oberkommissar Große Jäger in
der nordfriesischen Kreisstadt Husum dem Verbrechen auf der Spur
sind. 
Der Fall hat einen ekelerregenden Auftakt: Bauer Reimer
Reimers, auf biologischen Anbau und nachhaltiger Energiegewinnung
spezialisiert, findet im Fermenter einen menschlichen Finger, an dem
noch der Ehering steckt. Der gruselige Fund lässt sich zunächst
keinem Menschen zuordnen, da in der Biogas erzeugenden Häckselanlage
alles zu Brei zermahlen wird. Ein zweiter Toter wird zudem gefunden,
dessen Ende für niemanden von Interesse sein kann. Also ein
kniffliger Fall für das bewährte Ermittlerduo von der friesischen
Westküste…

Nygaard entführt den Leser in ein Dorf, in dem die
Interessen unterschiedlicher nicht sein können. Die einen kämpfen
um die Existenz, indem sie auf moderne Hightech-Landwirtschaft und
Windkraftenergie setzen. Die anderen wollen ein beschauliches
nostalgisches Dörfchen. Zudem gibt es Zwist zwischen arbeitenden
Alteingesessenen und Neuhinzugezogenen, die einen ruhigen Lebensabend
in einem verschlafenen Nest an der Küste verbringen wollen. 
Das ist
Everschopkoog nun wahrlich nicht. Auch hier gibt es einen
verantwortungslosen Umgang mit einer HIV-Erkrankung, auch hier setzt
man – aufgeschreckt durch den Mord in Emden – einem vermeintlich
pädophilen Einwohner nach, hier gibt es Lug und Betrug, Egoismus und
Dummheit. Vor allem in der Altbäuerin Reimers, die von bösartiger
Tratschsucht gezeichnet ist, entwirft Nygaard ein Bild dörflichen
Zusammenlebens, aus dem jede Harmonie ausradiert ist. Das bedeutet
nicht, dass der Krimi ohne Klischees auskommt. Aber Land und Leute
erscheinen bei Nygaard eben nicht als Versatzstücke einer Idylle,
die in einen Touristenführer gehört. Auch mit der Lösung des Falls
sind die Probleme des Landstrichs nicht beseitigt. 
Im Übrigen ist
der Krimi souverän und mit gutem Spannungsbogen erzählt. Kritisch
anzumerken ist die thematische Überfrachtung, die nicht zur
Komplexität des Geschehens beiträgt, sondern gewollt konstruiert
erscheint. Das Motiv für den Mord kann kaum überzeugen. Und
störend ist, dass Johannes den Schlüssel zum Verständnis des Falls
am Schreibtisch findet. Sein Gedankenblitz bleibt dem Leser
verborgen, so dass er sich jedes Mitgrübeln über den Mörder sparen
kann, weil er zum Schluss vor vollendete Tatsachen gestellt wird. 
Wen
das nicht stört, dem weht an ein paar Leseabenden die frische
friesische Landluft um die Nase. Man bekäme Lust, einmal
hinzufahren. Wenn da nicht die Sache mit dem abgesäbelten Finger im
Fermenter wäre…

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Broschur: 272 Seiten 
Verlag: Emons
Erscheinungsdatum: 29. August 2013
ISBN: 978-3-95451-175-4

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